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Berlin: Prügel für Korrektheit

Busfahrer geschlagen, der Tür an Ampel nicht öffnete Jugendliche Täter stehen heute vor Gericht

Weil der Busfahrer sich vorschriftsmäßig verhalten hat, wurde er verprügelt. Zwei Jugendliche stehen deshalb heute vor Gericht. Die Jugendlichen hatten an der Ecke Koch-/Oranienstraße an die Türscheibe eines vor der Ampel wartenden Busses geklopft, weil sie einsteigen wollten. Dies ist jedoch nur an Haltestellen gestattet. Weil der Fahrer die Tür nicht öffnete, sonder zur wenige Meter entfernt liegenden Haltestelle fuhr, rannten die Jugendlichen dem Bus nach und zerrten den Fahrer – bei offener Tür – an der Haltestelle aus dem Bus und schlugen auf ihn ein. Die Täter konnten wenig später festgenommen werden.

Auf das Verfahren sind die BVG-Mitarbeiter gespannt. In der Vergangenheit hat die Staatsanwaltschaft nämlich nach Angaben des Personalrats sogar ein Verfahren gegen einen Fahrgast eingestellt, der einen Fahrer gewürgt hatte. Begründung: mangelndes öffentliches Interesse. Die Zahl der Übergriffe auf Fahrer hat nach Angaben von Bus-Chef Johannes Müller in diesem Jahr zugenommen. Besonders die Gewaltbereitschaft sei gestiegen.

Meist würden die Busfahrer bei Angriffen allein gelassen, klagte Müller gestern. Fahrgäste schauten einfach weg. Ein Fahrer, der bespuckt worden war und die Spuren entfernen wollte, sei sogar von einem anderen Fahrgast angeblafft worden, warum er denn nicht weiterfahre. Um den Spucker kümmerte sich niemand.

„Wir erwarten nicht, dass ein Fahrgast direkt eingreift“, sagte BVG-Sprecherin Petra Reetz. Fahrgäste könnten aber wenigstens per Handy unauffällig die Polizei rufen oder versuchen, mit dem Handy ein Foto zu machen. Zumindest könnten sie als Zeugen auftreten. Bei erfolgreichen Hinweisen revanchiert sich die BVG auch mit Geschenken.

Um Fahrer etwas besser zu schützen, lässt die BVG in den Bussen Sicherheitsscheiben einbauen, die den Fahrer zumindest nach hinten abschirmen. Eine geschlossene Kabine sei nach EU-Vorschriften nicht möglich, weil es dann eine Extra-Außentür für den Fahrer geben müsse, so Müller. Die BVG wolle die Fahrer aber auch nicht von den Kunden abschotten.

Auf Linien mit häufigen Übergriffen fahren auch uniformierte Sicherheitskräfte mit. Doch für diese Aufgabe hat die BVG nicht einmal 20 Mitarbeiter. Abschreckend sei auch der Einbau von Kameras. Der Datenschutz lässt aber nur zu, dass lediglich die letzten sechs Minuten der Aufnahmen auf einer Festplatte gespeichert werden dürfen. Die BVG hofft, die Zeit auf bis zu vier Stunden erweitern zu dürfen.

Obwohl es auch oft zum Streit um Fahrscheine kommt, sei die Zahl dieser Vorfälle nicht gestiegen, seit es wieder die Pflicht zum Vordereinstieg gibt, sagt Bus-Chef Müller.

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