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Psychisch kranke Frau: Finnin lebt seit Monaten auf Flughafen Tegel

Sie kam in goldenen Sandalen. Doch die sind längst zerbrochen. Wie vieles andere auch im Leben jener 40-jährigen Finnin, die seit Anfang Dezember auf dem Flughafen Tegel lebt.

Die Frau ist offenbar psychisch krank. Bislang ist es niemandem gelungen, einen Zugang zu ihr zu finden, weder Flughafenmitarbeitern noch Polizisten oder Ärzten, weder einem finnischen Pfarrer noch Diplomaten in der finnischen Botschaft. Sie wolle in Berlin bleiben und ein neues Leben anfangen, sagt die Frau, mehr nicht.

„Sie ist gut gekleidet, hoch gebildet, hatte eine gute Arbeit in Finnland“, sagt Kai Henttonen, Pfarrer der finnischen Gemeinde in Berlin. Aber irgendwann sei ihr Leben aus der Bahn geraten. Henttonen hat mit den Eltern in Finnland telefoniert. Sie haben ihm von ihrer Tochter erzählt, dass sie in einer psychiatrischen Klinik betreut wurde. Ihr Zustand hatte sich gebessert, zuletzt ist sie ambulant behandelt worden, dann flog sie zunächst in die Türkei und schließlich nach Berlin. Auf dem Flughafen Tegel wurde eine Mitarbeiterin von Lufthansa auf sie aufmerksam und versuchte vergeblich, ihr zu helfen.

Ein paar Wochen später sammelte die Polizei sie auf der Stadtautobahn auf. Im Februar habe sich die Frau in eine Klinik bringen lassen, um ihren Gesundheitszustand zu klären, sagt ein Polizeisprecher. Mit einem richterlichen Beschluss wurde sie bis vergangenen Donnerstag gegen ihren Willen dort festgehalten. Dann musste man sie gehen lassen, da ein neues Gutachten ergab, dass sie keine Gefahr für sich oder andere darstellt. Mittlerweile hatte Pfarrer Henttonen mit ihrem finnischen Arzt telefoniert, der am Freitag anreiste und attestierte, dass seine Patientin krank sei, Medikamente bräuchte und sich nicht selbst helfen könne. Er wollte sie mitnehmen. Doch die Berliner Justiz ließ das nicht zu. „Eine EU-Bürgerin darf nicht einfach so gegen ihren Willen ausgewiesen werden“, sagt Gerichtssprecherin Katrin-Elena Schönberg. „Dass sie hier bleiben muss, ist absurd“, sagt der Pfarrer. „Bei uns gilt das als unterlassene Hilfeleistung.“ Er hat an die finnische Justizministerin geschrieben und hofft, dass sie vermitteln kann. Henttonen macht sich Sorgen um die Frau. „Sie ist eine schöne, gut gekleidete Frau, die sehr auf ihr Äußeres achtet, auch jetzt noch, nach drei Monaten auf dem Flughafen.“ Aber sie sei nicht an ein Leben auf der Straße gewöhnt, kenne die Gefahren nicht. Ein Obdachlosenheim, wohin die Polizei sie am Wochenende gebracht hatte, musste sie am Dienstag verlassen. Wo sie nun ist, weiß Henttonen nicht. Auch nicht, wovon sie lebt. Claudia Keller

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