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"Mein Ja habt ihr! Ehe für alle" - Demo für die Ehe für alle in Berlin im Juni 2015.

© dpa

Probleme mit Homo-Lebenspartnerschaft im Ausland: "Eiserner Vorhang für Lesben und Schwule"

Lesbische und schwule Lebenspartner aus Deutschland haben große Probleme, wenn sie sich im liberaleren Ausland als Eheleute anerkennen lassen wollen - das hat jetzt die Bundesregierung bestätigt. Die Grünen sprechen von einem "eisernen Vorhang für Lesben und Schwule".

Rund um Deutschland öffnen immer mehr Länder die Ehe für Lesben und Schwule. Doch hierzulande blocken die Unionsparteien die Ehe für alle bisher noch ab. Wie wirkt sich die Ehegleichstellung im Ausland auf verpartnerte Paare aus Deutschland aus, die ins Ausland ziehen? Das wollten wie berichtet die Grünen von der Bundesregierung wissen.

Die grüne Bundestagsfraktion befürchtet, deutsche Partnerschaften könnten nun anderswo nicht mehr anerkannt werden. Das könne zu dem absurden Szenario führen, dass sich deutsche Partner hierzulande erstmal scheiden lassen müssen, wenn sie anderswo als Eheleute anerkannt werden wollen.

Die Rechtslage bei der Homo-Ehe ist verwirrend 

Nun liegt die Antwort der Bundesregierung vor – und sie bestätigt, dass die Lage reichlich verwirrend ist. „Die Bundesregierung nimmt zur Kenntnis, dass es weder in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union noch in den Mitgliedstaaten des Europarates eine einheitliche Auffassung gibt, ob und wie eine auf Lebenszeit angelegte Partnerschaft zwischen zwei Personen gleichen Geschlechts von den Rechtsordnungen anerkannt wird“, heißt es lapidar in der von Justizstaatssekretär Christian Lange verfassten Antwort, die demnächst veröffentlicht wird und die dem Tagesspiegel vorliegt.

In mehr als 20 Staaten dürfen Lesben und Schwule heiraten

Im Klartext: Lesbische und schwule Lebenspartner dürften im Ausland immer wieder auf Probleme stoßen. Mehr als zwanzig Staaten haben die Ehe inzwischen für Lesben und Schwule geöffnet. Die Niederlande waren im Jahr 2000 die ersten (in Deutschland wurde damals noch heftig über die Einführung der eingetragenen Partnerschaft gestritten). Alle nördlichen und westlichen Nachbarn Deutschlands sind inzwischen gefolgt: Dänemark, Belgien, Luxemburg, Frankreich. Mit Schweden, Island, Norwegen und ab 2017 Finnland gibt es die Ehe für Homosexuelle in ganz Skandinavien.

Tief katholisch geprägte Länder wie Frankreich, Spanien, Portugal und jüngst Irland haben die Ehe ebenfalls geöffnet; in Europa zudem Großbritannien sowie Slowenien, wo das Parlament unlängst einen entsprechenden Gesetzentwurf verabschiedet hat.

Überblick über die Homo-Ehe in Europa

© AFP

Außerhalb Europas sind es nach der Supreme-Court-Entscheidung die USA sowie Kanada, Argentinien, Brasilien, Mexiko, Uruguay und Neuseeland, in denen Lesben und Schwule heiraten dürfen – außerdem in Südafrika, als einzigem Land Afrikas. Interessanterweise hat noch kein Staat in Asien die Ehe geöffnet, dort gibt es auch nirgendwo ein Institut ähnlich der eingetragenen Partnerschaft.

Nur in wenigen Ländern lässt sich die Partnerschaft umwandeln

Zwar erkennen von diesen mehr als zwanzig Ländern alle EU-Mitgliedsstaaten die eingetragene Partnerschaft selbst dann an, wenn sie selber die Ehe bereits geöffnet haben – aber eben nur mit den Rechten der deutschen Partnerschaft, nicht mit denen der einheimischen Ehe. Damit wären vor allem Adoptionen für lesbische und schwule deutsche Paare in diesen Ländern weiter ausgeschlossen. Nach Erkenntnissen der Bundesregierung scheint es grundsätzlich nur in Belgien, den Niederlanden und in Neuseeland möglich zu sein, die Partnerschaft in eine Ehe „umwandeln“ zu lassen. Andere Länder wie Italien und die östlichen EU-Länder, die selber keine eingetragene Partnerschaft haben, erkennen dagegen selbst die eingetragene Partnerschaft der Deutschen nicht an.

Es kann kompliziert werden

Wie kompliziert es anderswo werden kann, zeigt das in der Antwort der Bundesregierung aufgeführte Beispiel Frankreich. Das Land hat 2013 die Ehe auch für Lesben und Schwule geöffnet. Sollte ein verpartnertes Homo-Paar aus Deutschland jetzt hoffen, im liberaleren Frankreich nun ohne Umstände die „echte“ Ehe zu erreichen, hat es sich aber getäuscht. Die deutsche Partnerschaft wird von den Franzosen nicht mit der Ehe gleichgestellt, sondern nur mit dem „Pacte civil“ (PACS) – einer Institution ähnlich der eingetragenen Partnerschaft.

Für die Ehe müssten sich Paare erstmal scheiden lassen

Für die Ehe müssten die Deutschen tatsächlich nochmal heiraten. Das aber wiederum dürfte kaum gehen. Die Franzosen verlangen dafür eine Bescheinigung, dass die beiden ledig sind. Die aber verweigern die deutschen Behörden mit Verweis auf die Partnerschaft: Die beiden seien ja schon rechtlich aneinander gebunden. Quasi ein Teufelskreis also – der tatsächlich nur zu durchbrechen wäre, wenn die beiden sich in Deutschland scheiden lassen, Trennungsjahr inklusive. Die Bundesregierung bekräftigt gleichwohl, die deutschen Behörden würden weiter das erforderliche  „Ehefähigkeitszeugnis“ verweigern. „Das darf ihnen nicht ausgestellt werden“, heißt es – auch deshalb nicht, weil zwei Personen gleichen Geschlechts nach deutschem Recht die Ehe ja auch gar nicht wirksam schließen könnten.

In einer Reihe weitere Länder darf prinzipiell ebenfalls keine Ehe eingegangen werden, solange noch eine Partnerschaft besteht: Etwa in Norwegen, Schweden, England und Wales. Bei vielen anderen Staaten liegen der Bundesregierung überhaupt keine Erkenntnisse vor.

Die Grünen sprechen von einem "eisernen Vorhang für Lesben und Schwule"

Für Volker Beck, den innenpolitischer Sprecher der grünen Bundestagsfraktion, ist die gesamte Lage ein Unding: Die Regierung seien die Probleme offenbar „gleichgültig“, sie erhalte Diskriminierungen anstatt sie zu beseitigen: "Die Bundesregierung hält an einer Rechtskonstruktion fest, die Paare zu Scheintrennungen und Aufhebung ihrer Lebenspartnerschaft zwingt." Sonst könnten eingetragene Lebenspartner in manche Länder nicht einmal gemeinsam auswandern. Beck spricht von einem „eisernen Vorhang von Frau Merkel für Lesben und Schwule“.

Das dürfte vor allem auf die USA zutreffen, die die eingetragene Partnerschaft seit jeher nicht anerkennen – und wo deutsche homosexuelle Paare trotz der Eheöffnung durch den Supreme Court weiter auf Schwierigkeiten stoßen dürften.

Deutschland erkennt im Ausland geschlossene Ehen nicht an

Deutschland erkennt im Ausland geschlossene Ehen von Lesben und Schwulen übrigens nicht an. Diese werden quasi "runtergestuft" zur eingetragenen Partnerschaft. Andere Länder sind da kulanter: Israel und Malta erkennen lesbische und schwule Ehen an, obwohl die Ehe in den beiden Ländern selbst noch gar nicht geöffnet wurde.

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