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Berlin: Radau in der Ruine

Früher haben die Einstürzenden Neubauten mit Schrott Musik gemacht. Am Donnerstag hämmert die Gruppe von Blixa Bargeld im und auf dem Palast der Republik herum

Ganz in Schwarz gekleidet steht er auf der Treppe, umgeben von roten Stahlträgern, die Arme ausgebreitet, den Kopf leicht im Nacken: Blixa Bargeld, Sänger der Einstürzenden Neubauten, posierte gestern für die Kameras im Palast der Republik. Es war sein letzter Besichtigungstermin vor dem Konzert. Am 4. November wollen die Berliner Klangkünstler das ausgeweidete Gebäude zum Klingen bringen.

„Grundstück“ heißt das neuste Projekt. Was genau das sein wird, sagt Bargeld nicht. Geplant sei eine Performance, ein Auftritt jenseits der Konzertroutine mit Chor, Installationen und Klangexperimenten. Einstürzende Neubauten, Grundstück, Palastruine – hört sich an, als sei das Konzept auf den Ort zugeschnitten. Aber: „Das war ein Zufall. Das Projekt existiert schon seit dem letzten Herbst.“ Bargeld schaut sich um. Er sitzt auf einem Barhocker im Eingangsbereich, die Hände wärmt er an einem Glas Tee. „Ich bin eher für den Abriss des noch nicht gebauten Schlosses“, sagt er.

„Grundstück“ war als Höhepunkt des Mitmachprojekts „neubauten.org“ gedacht – und das war der Versuch, die Produktion des aktuellen Albums im Internet sichtbar zu machen. Für 35 Dollar konnte man sich als Unterstützer registrieren lassen und an der CD „Perpetuum Mobile“ mitwirken. Auch für das Projekt „Grundstück“ konnten sich die Fans als Unterstützer bewerben.

Vergangene Woche gab es die ersten zwei dieser „Grundstücke“ zu sehen und zu hören, die Premiere in der Minoriten-Kirche in Krems (Kärnten) und eins im Opernhaus „Teatro Valli Reggio Emilia“ in Italien. „Wir haben geprobt, Filmaufnahmen gemacht, Erfahrungen gesammelt, Verschiedenes ausprobiert, teilweise nur mit unseren Supportern, teilweise als öffentliche Aufführung“, sagt Bargeld und zieht den Mantel ein wenig fester zu. Es ist kalt im Palast. Am Donnerstag wird es Decken geben. 500 Unterstützer aus 26 Ländern sind bereits in Berlin eingetroffen, eine erste Probe mit dem 150-köpfigem Chor fand Montagnachmittag statt.

Was ihn am Donnerstag mit seiner Popkarawane letztendlich erwartet, weiß Bargeld selbst nicht genau. Sicher ist, dass die Klangkünstler mit dem Gebäude selbst arbeiten wollen. Die massigen Stahlträger sollen den klanglichen Hintergrund für die Band bieten, die vor 24 Jahren begann, ihre Texte mit Schrott zu vertonen. „Die Akustik in diesem Gebäude ist grauenhaft. Entweder man spielt mit dem Gebäude oder man hat ein extrem schlecht klingendes Konzert.“ Blixa Bargeld gibt sich zuversichtlich. Er und seine Band werden auf und in dem Gebäude herumhämmern – zum Einsturz wollen sie es aber nicht bringen, nicht mal zum Zittern, wie Bargeld sagt.

Wer sich trotz Deckenausgabe vorm Frieren fürchtet, kann das Spektakel live im Internet verfolgen – unter www.neubauten.org.

„Grundstück“, am 4. November, ab 21 Uhr, Volkspalast, Karten für 30 Euro gibt es nur noch an der Abendkasse.

Katharina Wagner

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