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Berlin: Rasterfahndung nach dem 11. September war nicht rechtmäßig

Die nach dem 11. September in Berlin eingeleitete Rasterfahndung bei einer großen Zahl islamischer Studenten war nicht zulässig.

Die nach dem 11. September in Berlin eingeleitete Rasterfahndung bei einer großen Zahl islamischer Studenten war nicht zulässig. Zu diesem Schluss ist jetzt das Landgericht Berlin gekommen. Das Gericht gab der Beschwerde dreier Betroffener statt und erklärte die umstrittene Rasterfahndung für unzulässig. Nach diesem Beschluss muss die Polizei nun sämtliche Daten unter Aufsicht löschen. Es sei denn, das Landeskriminalamt klagt gegen den Beschluss in der nächsten Instanz beim Kammergericht. Genau dies hat Innensenator Ehrhart Körting (SPD) dem Tagesspiegel am Dienstag angekündigt.

Die Datensammlung über islamische Studenten der Berliner Hochschulen war vom Landeskriminalamt beim Amtsgericht beantragt und dort gestattet worden. Im Beschluss des Landgerichts heißt es jetzt, "die Beschlüsse des Amtsgerichts werden aufgehoben". Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Rasterfahndung seien nicht gegeben.

Die Polizei könne einen solchen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte nur dann verlangen, wenn eine konkrete Gefahr bestehe. Nun habe aber die Bundesregierung selbst stets daraufhingewiesen, dass keine konkrete Gefahr in der Bundesrepublik bestehe, begründet das Gericht weiter. "Die Einleitung einer Rasterfahndung ist jedenfalls nicht schon deshalb gerechtfertigt, weil sich nicht definitiv ausschließen lässt, dass sich in Deutschland so genannte Schläfer aufhalten", so das Gericht weiter. Wenn das LKA schon keine konkrete Gefahr nachweisen könne, wäre die Rasterfahndung allenfalls dann angemessen gewesen, wenn es hier Erkenntnisse über eine terroristische Zelle gegeben hätte. "Für die Existenz eines Netzwerks spricht bisher aber nichts", so die Einschätzung des Gerichts auf Grundlage der von den Behörden angeführten Materialien.

Rechtsanwalt Sönke Hilbrans erwartet jetzt vom Landeskriminalamt - so ein Widerspruch unterbleibt - die komplette Löschung dessen, was nach dem 11. September über mindestens 900 Studenten an Daten erhoben wurde. "Die Rasterfahndung war von Anfang an unzulässig", bekräftigt er. Und wertet es als mutige Entscheidung des Gerichts, "als erstes in Deutschland die hohen Hürden für eine Rasterfahndung ernstzunehmen." Nun komme es aber nicht nur darauf an, die in Berlin angefallenen Daten oder eventuell erstellte Persönlichkeitsprofile zu vernichten. "Die Daten sind auch in eine Verbunddatei an das Bundeskriminalamt weitergegangen, auch dort dürfen sie nicht gespeichert bleiben" fordert Hilbrans. Die Bundesländer hatten die Rasterfahndung nach unterschiedlichen Kriterien durchgeführt.

Noch hat das LKA keine Container für die womöglich zu vernichtenden Daten bestellt. Der Innensenator zeigte sich vielmehr "erschüttert" über den Beschluss und nannt ihn "falsch und rechtlich unzutreffend". Man werde schnell prüfen und sich sicher ans Kammergericht wenden. Sollte die Polizei dort auch unterliegen, so der Senator, "dann müssen wir die Gesetze ändern".

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