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In der Warteschlange. Wer zur „Dame mit dem Hermelin“ will, muss früh aufstehen. Nur noch bis Montag ist sie in „Gesichter der Renaissance“ im Bode-Museum zu sehen. Foto: dapd

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Berlin: Raub der Hermelindame

Am Dienstag verlässt Leonardo da Vincis Bild die „Gesichter der Renaissance“ und geht nach London Solche Kunstreisen sind nicht ungefährlich: In einem polnischen Thriller verschwindet das Meisterwerk

Die Geduld von Kunstjüngern wird in diesen Wochen vor dem Bode-Museum auf eine harte Probe gestellt, und sie wird von Tag zu Tag härter. Morgens um fünf sammeln sich schon die ersten vor den beiden Kassenhäuschen, an denen vorbei es zu den „Gesichtern der Renaissance“ geht. Geöffnet wird um zehn, aber wer danach noch auf eine Karte hofft, muss schon an Wunder glauben. Der steigende Andrang der vergangenen Tage ist vor allem einer jungen Dame zu verdanken, die die Ausstellung bereits am Dienstag, knapp drei Wochen vor deren Ende, verlässt: Leonardo da Vincis „Dame mit dem Hermelin“, sein 1489/90 gemaltes Porträt der etwa 17-jährigen Cecilia Gallerani, der Geliebten des späteren Mailänder Herzogs Ludovico Sforza, genannt il Moro. Eine in der Museumsszene hochbegehrte Frau: Vor Berlin war sie in Madrid zu sehen, von der Spree geht sie nach London, danach erhält sie in ihrem Stammhaus, dem Czartoryski-Museum in Krakau, zehn Jahre Reiseverbot. Ein allzu bewegtes Leben bekommt auch dem Teint gemalter Schönheiten nicht, und so muss eben für die letzten Wochen der Ausstellung Gerhard Richters „Porträt Liz Kertelge“ von 1966 die Mailänderin vertreten – moderner Kontrapunkt zu den Renaissanceköpfen und Vorgeschmack auf die Richter-Schau 2012 in der Neuen Nationalgalerie.

Die Chancen sinken also von Stunde zu Stunde, der Hermelindame hier noch ins Auge zu sehen. Danach bleiben als Trost nur der Katalog – und der Film! Denn Leonardos Meisterwerk hat nicht nur unzählige Museumsbesucher in Krakau, Madrid, Berlin (hier rund 175 000) und anderswo inspiriert, sondern vor sieben Jahren schon ein polnisches Filmteam um Regisseur Juliusz Machulski, der es in den Mittelpunkt eines (auch als DVD verfügbaren) Kunstthrillers stellte: „Vinci“.

Auch dort gilt es kurz nach Beginn, Abschied zu nehmen von der tierlieben Dame, die Szene spielt im Krakauer Museum: Das Bild, so erfahren die Besucher bei einer Führung, sei „das berühmteste Gemälde der polnischen Kunstsammlungen“. Und die konzentriert lauschende Gruppe hat auch aus anderem Grunde Glück: „Sie haben heute für längere Zeit die letzte Gelegenheit, es zu sehen, weil es morgen nach Japan verliehen wird.“ Zwei Monate Frist also für Cuma (Robert Wieckiewicz), den aus der Haft entlassenen Einbrecher, einen Plan zum Raub des Leonardo-Bildes auszuhecken. Freund Julian (Borys Szyc), erprobt bei gemeinsamen Taten, soll ihm dabei helfen, hat aber die Haftzeit des Freundes genutzt, die Seiten zu wechseln, ist nun selbst Polizist.

Eine von Längen und logischen Sprüngen nicht ganz freie, insgesamt aber doch amüsante und spannende Gaunerkomödie mit Thrillerelementen ist so entstanden, vergleichbar mit „Ocean’s Eleven“ und „The Italian Job“, nur eben auf Polnisch. Eine Million Euro wird den Supergaunern für den Kunstraub geboten, der zuletzt, bei der Rückkehr des Bildes aus Japan, mit Einsatz von Pyrotechnik vonstatten geht. Nur was genau dabei geraubt wird, wird immer unklarer: das Original oder eine der zuletzt fünf Fälschungen, die davon existieren? Immerhin: Das Bild, das zuletzt wieder im Museum hängt, ist das echte. Kein Berliner Kunstfreund muss sich also sorgen, er sei hier einem Schwindel aufgesessen.

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