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Das Warten am BER geht weiter - auch darauf, ob Michael Müller Aufsichtsratsvorsitzender wird.

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Rechnungshof-Präsidentin zum BER-Aufsichtsrat: "Politik darf sich nicht der Verantwortung entziehen"

Berlins Rechnungshofpräsidentin will, dass Michael Müller sein Mandat im BER-Kontrollgremium wahrnimmt. Ihr Brandenburger Kollege sieht das anders. Beide fordern jedoch mehr externen Sachverstand.

Der Berliner Landesrechnungshof ist gegen einen Rückzug des künftigen Regierenden Bürgermeisters Michael Müller (SPD) aus dem BER-Aufsichtsrat, plädiert aber für eine Professionalisierung des Kontrollgremiums für den neuen Hauptstadt-Airport. „Die Politik darf sich nicht der Verantwortung für das wichtigste Großprojekt der Hauptstadtregion entziehen“, sagte Rechnungshofpräsidentin Marion Claßen-Beblo in einem Tagesspiegel-Gespräch. „Aber die Politik muss die Verantwortung besser wahrnehmen. Man sollte prüfen, wie die Strukturen und Instrumente verbessert werden können. Ich denke, dass in den Aufsichtsrat mehr externer Sachverstand gehört.“

Die 61-jährige Chefin der obersten Finanzkontrollbehörde Berlins reagierte damit auf einen Vorstoß ihres brandenburgischen Amtskollegen Christoph Weiser. Brandenburgs Rechnungshofpräsident hatte im Tagesspiegel gefordert, mit dem Rücktritt von Klaus Wowereit und dem Regierungswechsel in Brandenburg den Flughafen-Aufsichtsrat neu aufzustellen. Dies sei „eine einmalige Chance, vielleicht die letzte“. Weiser plädiert als Konsequenz aus dem BER-Fiasko dafür, dass im Kontrollgremium künftig keine Regierungschefs, Minister und Senatoren mehr vertreten sind.

"Die Spitze Berlins sollte vertreten sein"

Dem widerspricht die Berliner Präsidentin nun deutlich, auch unter Verweis auf die Rechtsgrundlagen in Berlin. „Die öffentlichen Interessen des Landes Berlin müssen im Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft angemessen wahrgenommen werden“, sagte Claßen-Beblo. „Dazu sind Regierungsmitglieder prädestiniert.“ Mit ihren Aussagen bekommt der designierte neue Regierende Berlins, Michael Müller (SPD), von unerwarteter Seite Rückendeckung für seine Ankündigung, wie zuvor Wowereit in den Flughafen-Aufsichtsrat zu gehen. „Ich kann nicht empfehlen, das nicht zu tun. Gerade bei diesem Projekt sollte die Spitze Berlins vertreten sein“, sagte die Präsidentin. „Es geht auch um den Einfluss Berlins am neuen Hauptstadtflughafen.“

Michael Müller, designierter Regierender Bürgermeister von Berlin.
Michael Müller, designierter Regierender Bürgermeister von Berlin.

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Der brandenburgische Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD), bisher nicht im Gremium, will dies erst nach seiner Wiederwahl im Parlament am 5. November entscheiden. Offen ist damit weiter, wer künftig den Vorsitz übernimmt. Woidke hatte jüngst angekündigt, „dass wir nach der Regierungsbildung in Potsdam in enger Abstimmung mit den Gesellschaftern in Berlin und im Bund die notwendigen Fragen in Bezug auf den Aufsichtsrat und die Gremien der Gesellschaft insgesamt klären“. Zur Frage, ob Berlins Regierender Müller den BER-Aufsichtsratsvorsitz wie Wowereit anstreben sollte, gab Claßen-Beblo ausdrücklich keine Empfehlung ab. „Das zu entscheiden, ist ureigene Aufgabe der Politik."

Berlins Rechnungshof behält sich Prüfung vor

Marion Claßen-Beblo, Präsidentin des Berliner Rechnungshofes.
Marion Claßen-Beblo, Präsidentin des Berliner Rechnungshofes.

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Seine Forderung nach einem Rückzug der Politik aus dem BER-Aufsichtsrat hatte Brandenburgs Rechnungshofpräsident Weiser auch mit Erkenntnissen einer aktuellen Flughafenprüfung seiner Behörde begründet, bei der Defizite in der Steuerung und Kontrolle des BER durch die Potsdamer Regierung festgestellt wurden. Er argumentiert, dass Regierungschefs, aber auch Minister gar nicht die Zeit haben, um Aufgaben als Aufsichtsräte angemessen und ordentlich wahrzunehmen. Stattdessen sollten laut Weiser ausschließlich Staatssekretäre und Abteilungsleiter für die öffentlichen Eigner im Aufsichtsrat sein. Aber davon hält Amtskollegin Claßen-Beblo nichts. „Die Politik würde sich ihrer Verantwortung für den BER entziehen, wenn alles auf die Fachebene verlagert wird.“ Allerdings müsse gewährleistet sein, betonte die Präsidentin, dass Berlins Regierender und Senatoren als Flughafenaufsichtsräte diese Aufgabe auch adäquat erfüllen. „Aber das ist eine Frage der Organisation und des Instrumentariums. Es muss sichergestellt sein, dass Regierungsmitglieder sich vorbereiten können, sich vorbereiten lassen.“

Das naheliegende Gegenargument, dass das BER-Fiasko das Versagen der Politik im Aufsichtsrat belege, lässt Claßen-Beblo nicht gelten. „Es gibt keine Erkenntnisse, dass es in einer anderen Zusammensetzung ohne Politiker besser gelaufen wäre.“ Die Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg (FBB) gehört zu je 37 Prozent den Ländern Berlin und Brandenburg als Hauptgesellschafter sowie dem Bund mit einem Anteil von 26 Prozent. Nach dem Fiasko um mehrfache Verschiebungen und die Explosion der Kosten haben der Bundesrechnungshof und Brandenburgs Rechnungshof den BER bereits geprüft. Berlins oberste Finanzkontrollbehörde, die sich nach eigenen Angaben eng mit den Kollegen im Bund und Brandenburg abstimmt, behält sich eine mögliche Prüfung noch vor.

Man werde die Ergebnisse des BER-Untersuchungsausschusses im Abgeordnetenhaus abwarten, sagte Claßen-Beblo. „Eine parallele Prüfung war nicht sinnvoll.“ Der Berliner Rechnungshof habe das Geschehen am BER von Amtswegen permanent im Blick, erhalte nach den geltenden Regularien automatisch „alle nötigen Unterlagen, alle Aufsichtsratsprotokolle“.

Claßen-Beblo für angemessene Vergütung der Aufsichtsräte

Einig sind sich die Spitzen der Rechnungshöfe Berlins und Brandenburgs darin, dass es im Flughafenaufsichtsrat nicht beim Alten bleiben, dieser reformiert und professionalisiert werden sollte. „Es sollten mehr externe Fachleute vertreten sein, etwa künftig auch Finanzexperten und Bautechniker“, sagt Claßen-Beblo. Auch sie hält es dabei für ein Problem, dass die Bereitschaft, hochkarätige Persönlichkeiten für das Gremium zu gewinnen, angesichts der eher symbolischen Sitzungsgelder gering sei. Die Forderung des brandenburgischen Präsidenten, über eine angemessene Vergütung der Flughafenaufsichtsräte nachzudenken, findet ihre Unterstützung.

Auch vom Aufsichtsrat hängt ab, ob und wie es mit dem BER weitergeht. Allein seit der verschobenen Eröffnung im Mai 2012 hat die öffentliche Hand 2,3 Milliarden Euro Notspritzen bewilligt, um den Flughafen fertigzustellen – so viel, wie der BER einmal kosten sollte. Ob dies reicht, gilt inzwischen wieder als ungewiss, seit Flughafenchef Hartmut Mehdorn die für den 12.Dezember 2014 angekündigte Verkündung eines Eröffnungstermins abgeblasen hat. Die letzte bewilligte Milliarde ist für einen Start des BER im Jahr 2016 kalkuliert.

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