zum Hauptinhalt

Berlin: Reichelt öffnet seine Filialen jetzt um sieben Uhr morgens

Noch schnell vor der Arbeit einkaufen gehen, damit es abends nicht so hektisch wird: Das ist seit neuestem in den 103 Reichelt-Filialen in Berlin und Brandenburg möglich. Ein großer Ansturm auf die Reichelt-Märkte blieb jedoch aus.

Von Sabine Beikler

Noch schnell vor der Arbeit einkaufen gehen, damit es abends nicht so hektisch wird: Das ist seit neuestem in den 103 Reichelt-Filialen in Berlin und Brandenburg möglich. Ein großer Ansturm auf die Reichelt-Märkte blieb jedoch aus. Das bestätigte auch der Sprecher der Otto Reichelt AG, Manfred Meyer. Zusätzliches Personal werde nicht eingestellt, aber es werde auch keine Mehrarbeit auf die Beschäftigten zukommen. Viele Verkäuferinnen würden ohnehin früh anfangen, um die Regale mit Waren zu bestücken. "Nur der Kundenkontakt beginnt jetzt früher", formulierte er positiv - im Gegensatz zur Gewerkschaft Handel, Banken, Versicherungen (HBV), die durchaus eine Mehrarbeit der Reichelt-Beschäftigten sieht.

Andreas Nowak, Betriebsratsvorsitzender der Otto Reichelt AG, beurteilt die Neuregelung mit gemischten Gefühlen. "Durch den enormen Wettbewerbsdruck müssen wir den Bedürfnissen der Kunden nachkommen. Aber natürlich ist es auch eine zusätzliche Belastung für die Kollegen." Der Betriebsrat habe hinsichtlich der Ladenöffnungszeiten kein Mitbestimmungsrecht, lediglich bei einer Änderung der Arbeitszeiten könne er Forderungen stellen. Die Reichelt-Beschäftigten müssten aber keine zusätzlichen Stunden arbeiten, so Nowak. Der Kunde könne zu dieser Öffnungszeit aber nicht erwarten, das gesamte Sortiment zur Auswahl zu haben. "Wurstsorten müssen zum Beispiel erst aus den Kühlräumen zum Bedienungstresen gebracht werden, oder Hackepeter muss erstmal gedreht werden." Günther Waschkuhn, Vorsitzender der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherung (HBV)im Land Brandenburg und zugleich außerbetriebliches Aufsichtsratsmitglied der Reichelt AG, merkt ironisch an: "Den Kunden wird ein echter Erlebniseinkauf garantiert." Die neue Öffnungszeit ziehe zusätzliche Belastungen für das Personal nach sich. Auch die Mitarbeiter der Reichelt-Tochterfirmen, die für Backwaren zuständige Otto Thürmann GmbH und die Otto Reichelt Fleisch- und Wurstwaren GmbH, haben sich nach den neuen Öffnungszeiten zu orientieren.

In einem internen Schreiben an die Reichelt-Beschäftigten begründet Vorstandschef Uwe-Jens Beister die Neuregelung mit Konkurrenzdruck. "Wir versprechen uns (...), dass wir neue Kunden gewinnen, die bisher andere Einkaufsquellen nutzen mussten (z. B. Tankstellen, Kioske, Bäckereien (...)." Der Vorstand selbst weist auf "zusätzliche Belastungen" der Mitarbeiter hin - auch auf mögliche Folgen für den Beginn der Arbeitszeit: "Eine Kasse muss um 7 Uhr für unsere Kunden geöffnet sein. Auch in den Bereichen, in denen ein stärkeres Frühgeschäft zu erwarten ist, muss mit Vorbereitungen etwas früher begonnen werden als bisher (...)." Die Otto Reichelt AG hat laut Fachzeitschrift "Lebensmittel-Zeitung" mit einem deutlichen Umsatzrückgang zu kämpfen: Der Brutto-Gesamtumsatz des Konzerns einschließlich seiner Tochterfirmen ging 1999 um 10,4 Prozent auf 1,26 Milliarden Mark zurück. Bis Ende 2000 hofft Vorstandschef Beister, die Umsatzrückgänge der ersten Monate (sechs bis sieben Prozent) zu stoppen.

Das Thema im Internet

www.hbv-berlin.de

www.reichelt-ag.de

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false