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Wanjura

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Reinickendorf: Spendenaffäre um Bürgermeisterin Wanjura

Seit Monaten ist die Reinickendorfer Bezirksbürgermeisterin Marlies Wanjura (CDU) wegen ihres Umgangs mit Spendengeldern unter Druck.

Von Sabine Beikler

Auch das Urteil des Landesrechungshofes über die Spendenpraxis im Bezirksamt Reinickendorf fällt unmissverständlich aus: „Zur Prüfung konnten keine Akten vorgelegt werden, in denen die Spendenvorgänge vollständig und abschließend belegt sind“, schreiben die Rechnungsprüfer in einem Zwischenbericht, der dem Tagesspiegel jetzt vorliegt. Die Rechnungsprüfer haben im Zuständigkeitsbereich von Bezirksbürgermeisterin Marlies Wanjura (CDU) grobe Verstöße festgestellt: So gelangten nicht alle Spenden gemäß des gewünschten Zwecks an zuständige Fachabteilungen. Aus dem Repräsentationsfonds der Bürgermeisterin hat man Spenden nicht wie vorgesehen für die Förderung von in- und ausländischen Partnerschaften eingesetzt, sondern – wie in einem Fall – für „Arbeitsessen mit Angehörigen der Berliner Verwaltung“. In einem anderen Fall wurden einem Einzelsportler Spenden bis zu 3500 Euro über den Fonds überwiesen.

Bis zu 40 000 Euro Spenden gingen 2005 für Tsunamiopfer ein. Doch auch nach mehr als drei Jahren nach der Katastrophe sollen noch nicht alle Gelder den Opfern zugute gekommen sein. „Wir erwarten daher, dass die Spendengelder für die Tsunamiopfer umgehend in ihrer voller Höhe ihrem Bestimmungszweck zugeführt werden“, schreiben die Rechnungsprüfer und fordern Nachweise.

Ein anderer Kritikpunkt waren Spenden, die Wanjura von der Initiative Reinickendorf erhalten hatte – ein 60 Mitglieder starker Verein, der soziale Projekte über seine Mitgliedsbeiträge unterstützt. Das Bezirksamt trat dem Verein mit Wanjura als dessen Präsidentin bei. Der Bezirk hätte als Mitglied der Initiative laut Satzung aber gar keine Zuwendungen erhalten dürfen. Die Initiative hat inzwischen auf Kritik reagiert und per Satzungsänderung Mitte April das Amt des Präsidenten abgeschafft. „Wir wollen nicht mit einer politischen Nähe in Verbindung gebracht werden und unsere Unabhängigkeit in den Vordergrund stellen“, sagte Vorstand Hans-Jürgen Hube.

Verstöße im Umgang mit Spendengeldern haben die Rechnungsprüfer auch bei Wanjuras Stellvertreter und Jugendstadtrat Peter Senftleben (SPD) festgestellt. So fehlt in einem Fall eine Einnahmebuchung über 96 Euro. Auch Senftleben hat wie Wanjura Bargeld als Spende angenommen. Das kritisiert der Landesrechnungshof ebenfalls und fordert, dass künftig Spenden mit konkretem Verwendungszweck überwiesen werden sollen.

Für den Reinickendorfer SPD-Fraktionschef Sascha Braun ist mit dem Prüfbericht bewiesen, dass Wanjura seit Jahren eine „undurchsichtige Aktenführung“ habe und sie dafür die politische Verantwortung tragen müsse. Braun fordert wie die Grünen-Fraktionschefin Anke Petters, den Bericht des Landesrechnungshofes umgehend im Haushaltsausschuss zu beraten. Petters sagte, Wanjura hätte 2006 „auf dem Zenit ihres Erfolges“ nach über zehn Jahren als Bürgermeisterin aufhören müssen. Dass sie trotz der haushaltsrechtlichen Verstöße noch als Finanzstadträtin weiter agiert, sei politisch nicht tragbar. Der FDP-Fraktionschef Andreas Vetter erwartet, dass der von der Bezirksverordnetenversammlung geforderte Leitfaden über den Spendenumgang umgehend vorgelegt wird, damit das „Image des Bezirks keinen Schaden annimmt“. Für CDU-Fraktionschef Jürn Jakob Schultze-Berndt enthält der Bericht des Landesrechnungshofes „wertvolle Hinweise. Wir brauchen eine klare Spendenregelung.“ Allerdings gebe es keine Hinweise auf Vorteilsnahme im Amt oder Verschleierung von Geldern.

Nach wie vor führt die Staatsanwaltschaft gegen Wanjura Vorermittlungen im Zusammenhang mit der Spendenpraxis. Überdies hat die Senatskanzlei gegen sie ein teilweises Verbot der Dienstausübung verhängt. Dagegen hat Wanjura Klage erhoben. Eine Stellungnahme von Wanjuras Anwalt Klaus Riebschläger war gestern auf Anfrage nicht zu erhalten.

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