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Berlin: Relativ leichtlebig: Albert Einsteins Jahre in Berlin

Es war seine Art von Humor, feinsinnige Ironie gepaart mit Spitzzüngigkeit, mit der Albert Einstein Ende 1913 an einen Freund schrieb: „Im Sommer gehe ich nämlich nach Berlin als Akademie-Mensch ohne irgendwelche Verpflichtung, quasi als lebendige Mumie. Ich freue mich auf diesen schwierigen Beruf.

Von Sabine Beikler

Es war seine Art von Humor, feinsinnige Ironie gepaart mit Spitzzüngigkeit, mit der Albert Einstein Ende 1913 an einen Freund schrieb: „Im Sommer gehe ich nämlich nach Berlin als Akademie-Mensch ohne irgendwelche Verpflichtung, quasi als lebendige Mumie. Ich freue mich auf diesen schwierigen Beruf.“ Berlin war Anfang des 19. Jahrhunderts nicht nur preußische Kulturmetropole mit Theatern und Salongesprächen. Berlin war damals das Weltzentrum wissenschaftlicher Forschung mit der höchsten Nobelpreisträgerdichte. Fast zwei Jahrzehnte lebte Einstein hier. Wie sehr er im Berliner Netzwerk eingebunden war, wo seine Wirkungsstätten waren und warum er zum „Homo politicus“ wurde, beschreibt Dieter Hoffmann in seinem Buch „Einsteins Berlin“.

Allein schon die Beschreibung, mit welch verlockendem Angebot der Physiker von der Eidgenössischen Hochschule in Zürich nach Berlin geholt wurde, ist heute nicht mehr vorstellbar: Er bekam 12 000 Mark Jahresgehalt, damals das Höchstgehalt eines Hochschulprofessors, ohne dass er sich fest der Universität verschreiben musste. Weil die Preußische Akademie dieses Geld nicht aufbringen konnte, sprang der Banker Leopold Koppel als großzügiger Mäzen ein.

Berlin bot Einstein ideale Arbeitsbedingungen. Der Autor lädt zu einem Rundgang durch die Stadt ein, illustriert mit historischen Fotos und den jeweiligen Adressen, die auf Ausschnitten des Stadtplans markiert sind. So war Einstein in vielen Gremien aktiv wie zum Beispiel in der Preußischen Akademie der Wissenschaften, die er als „amüsant, eigentlich mehr ulkig als ernst“ beschrieb.

Einstein nahm auch am gesellschaftlichen Leben teil, ging gern in Theater und lud zu sich nach Hause in die Haberlandstraße 5 im Bayerischen Viertel ein. Bis zu seiner Emigration 1932/33, als er nach Hitlers Sieg von einer USA-Reise nicht zurückkehrte, baute sich Einstein einen großen Freundeskreis auf. Und wenn ihm die Großstadt auf die Nerven ging, flüchtete er in sein Landhaus nach Caputh oder segelte mit seinem sieben Meter langen Jollenkreuzer „Tümmler“, den er liebevoll „mein dickes Segelschiff“ nannte.

Zeit seines Lebens hatte Einstein eine Schwäche für Frauen: Mindestens vier Affären sind – neben seiner zweiten Ehe – aus seinen Berliner Jahren bekannt. Moralische Bedenken hatte er bei den Abenteuern offenbar nicht, wie er seinem Freund Katzenstein schrieb: „Hand aufs Herz! Wenn man ein bisschen draußen ist, lebt man doch auf.“

— Dieter Hoffmann: Einsteins Berlin. Auf den Spuren eines Genies. Wiley-VCH, Weinheim. 232 Seiten, 19,90 Euro.

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