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Kein Budenzauber mehr am Fuße der Gedächtniskirche.

© Mike Wolff

Religion und Imbiss: Zur Gedächtniskirche gehört auch Budenzauber

Die Imbiss- und Souvenirstände an der Gedächtniskirche mussten schließen. Warum, das will unserer Autorin einfach nicht einleuchten.

"Schatz, ich kann nicht sehen, wie du dich abschuftest. Mach’ bitte die Küchentür zu." Dieser Machospruch ging mir durch den Kopf, als ich hörte, dass die Buden am Breitscheidplatz weg sollen. Mein Charlottenburger Baustadtrat sagte nämlich, dass er die Gedächtniskirche als Denkmal wahrnehmen und nicht die Buden sehen und riechen wolle.

Natürlich sah das Sammelsurium nicht wie Pavillons einer Weltausstellung aus. Eher wie ein in der Jahreszeit verrutschter Weihnachtsmarkt. Na, und? Man nehme ein Designer-Kaufhaus, einen Kinobetreiber, ein Luxushotel, ein Wahrzeichen, und schon sind die in Beton gegossenen Meilensteine der Nachkriegsarchitektur plötzlich ein geglücktes städtebauliches Ensemble. Ab sofort kann ich hier nur noch mit Sonnenbrille flanieren, damit mich die imposante Kulisse nicht blendet. Dieser prächtige Blick wurde mir ja nur von einigen Souvenir-, Currywurst-, Döner- und Crêpes-Buden verstellt. Überzeugt mich wirklich.

Das Besondere an Architektur ist, dass sie mit Menschen wirkt. Solange aber die Realität Ramschtische, 1-Euro-Läden und Nummer 32 süßsauer auf der bebilderten Speisekarte abbildet, passten die Buden prima. Kleine Inseln eines Freigeheges, auf denen man der Frage nachgehen konnte, ob die losgelassene Meute der Touristenströme in den Käfig reinschaut oder wir raus. West-Berlin setzte eine Konsummeile auf die Ruinen, was Ost-Berlin in der Plaste-und Elaste-Variante am Alex nicht minder ungemütlich vorgemacht hat. Das Beeindruckende ist aber, dass es in beiden Fällen funktioniert, weil sich die Öffentlichkeit den Raum einfach nimmt. Wer nun meint, die Gedächtniskirche ohne Buden besser auf sich wirken lassen zu können, den möchte ich an andere Orte und Zeiten entführen. Um nahezu jede große Kirche, die Besucher anzieht, stehen Buden mit Souvenirs und Esswaren. Das machen alle Religionen auf der ganzen Welt so.

Romy Schneiders Stiefvater Hans Herbert Blatzheim eröffnete 1965 das Restaurant „Haus der Nationen“ im Europa Center. Romy Schneider kam zur Einstandsparty aus Paris und verliebte sich in den Schauspieler Harry Meyen. Es gab kein Happy-End, zugegeben, aber Glück braucht Gelegenheit. Oder wie mein Vater sagen würde: „Bakarsan bag, bakmazsan dag olur.“ Bei sorgsamer Pflege wird es ein Weingarten, sonst ein Berg.

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