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BERLIN Bücher: Rettung für Gottes Häuser

Es stand beim Mauerfall schlecht um das Haus Gottes. Über 1000 Kirchen in Ostdeutschland, die jahrzehntelang wegen des Mangels an Baumaterialien vernachlässigt worden waren, von Behinderungen der Gemeinden durch die SED-Machthaber ganz zu schweigen, mussten vor dem endgültigen Verfall bewahrt werden.

Es stand beim Mauerfall schlecht um das Haus Gottes. Über 1000 Kirchen in Ostdeutschland, die jahrzehntelang wegen des Mangels an Baumaterialien vernachlässigt worden waren, von Behinderungen der Gemeinden durch die SED-Machthaber ganz zu schweigen, mussten vor dem endgültigen Verfall bewahrt werden. Bereits im Mai 1990 konstituierte sich der „Förderkreis Alte Kirchen Berlin-Brandenburg“, der heute 260 Vereinigungen mit ehrenamtlichen Helfern umfasst.

Vor drei Jahren veröffentlichte Kara Huber, Lehrerin und Frau des ehemaligen Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche Deutschlands, Bischof Wolfgang Huber, einen Bildband „Brandenburgische Dorfkirchen und ihre Hüter“ (Prestel Verlag), in dem die Arbeit der Kirchenschützer und Schlüsselbewahrer gewürdigt wurde. Nun liegt ein prachtvoller Folgebildband mit dem Titel „Kirchen in Brandenburg und ihre Hüter“ aus demselben Verlag vor. Die 20 dort vorgestellten Stadt- und Dorfkirchen werden von prominenten Autoren porträtiert, von Brandenburgs Ministerpräsidenten Matthias Platzeck bis zu dem Schriftsteller Günter de Bruyn. Ob imposanter Barockbau oder aus einfachsten Mitteln gezimmerte Dorfkapelle – jedes Gotteshaus hat seine eigene Seele und Anziehungskraft, der sich prominente Paten wie zum Beispiel Ex-Bundespräsident Richard von Weizsäcker annehmen.

Es geht den Autoren nicht allein um die Erhaltung der Gotteshäuser, sondern auch um die Frage, wie die über 1400 Kirchen in einem immer dünner besiedelten Flächenland mit neuem Leben gefüllt werden können. Die Kirchen werden zu letzten geistlichen und kulturellen Zentren in einer zunehmend atheistischen und virtualisierten Welt.

Der Bildband besticht durch seine hervorragenden Fotos und informativen, teils persönlichen Texte, etwa zum Brandenburger Dom (Wolfgang Huber), zur ehemaligen Bischofskirche St. Marien in Fürstenwalde (Jörg Schönbohm) oder zu Friedhofskirchen wie der in Stahnsdorf (Otto Graf Lambsdorff). „Jahrhundertelang haben es die Menschen geschafft, diese Kirche zu erhalten. Es wäre doch beschämend, wenn wir es heute in diesem reichen Land nicht auch schafften“, wird ein engagiertes Mitglied des Fördervereins zitiert, das eine Schließung der ehemaligen, erstmals 1344 urkundlich erwähnten Wallfahrtskirche Sankt Marien im havelländischen Buckow in letzter Minute mit abwenden konnte.

Herausgeberin Kara Huber versucht in dem Bildband auch gegen ein landläufiges Vorurteil anzugehen, das behauptet, „evangelische Kirchen erkenne man an den verschlossenen Türen“. Schade ist es eigentlich nur, dass ausschließlich evangelisch-protestantische Kirchen präsentiert werden. Ein Zeichen gelebter Ökumene wäre es sicherlich, wenn ein zukünftiger dritter Band auch katholische Gotteshäuser berücksichtigt, auch wenn es in Brandenburg davon nicht so viele gibt. Rocco Thiede



Kara Huber (Hrsg.):
„Kirchen in Brandenburg und ihre Hüter“. Mit Fotos von Wolfgang Reiher und Leo Seidel. Prestel-Verlag München. 176 Seiten, 100 Abbildungen, 29,95 Euro

Rocco Thiede

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