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© Simulation: Promo

Riesenrad am Zoo: Wenn die Gondeln Trauer tragen

Aus dem Riesenrad am Zoo wird wohl nichts, die Investoren stecken in der Kreditklemme. Der Senat und die Bezirke haben keine Ersatzpläne.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Es müsste ein Wunder geschehen, wenn das 165 Meter hohe Riesenrad am Zoologischen Garten noch gebaut wird. Trotzdem hält sich die Politik raus. Die Stadtentwicklungsbehörde des Senats sagt, dass es sich „um ein Bezirksprojekt“ handele. Der Baustadtrat von Mitte, Ephraim Gothe (SPD), hält es für sinnlos, „über alternative Planungen zu spekulieren“, sollte aus der Touristenattraktion nichts werden. Sein Kollege in Charlottenburg-Wilmersdorf, Klaus-Dieter Gröhler (CDU), hat von einem deutschen und einem amerikanischen Investor gehört, die notfalls einspringen würden, um das Aussichtsrad zu bauen. „Mir ist nicht bange.“

In Branchenkreisen heißt es aber, das Gerücht über neue Investoren sei „völliger Quatsch“. Sie müssten in ein Bauvorhaben einsteigen, das aus einem brachen Grundstück besteht, das 2006 von der Great Berlin Wheel GmbH & Co. KG am Hardenbergplatz, einer privaten Projektgesellschaft, für 25 Millionen Euro gekauft wurde. Dass die Firma in existenziellen Nöten ist, hält auch die größte Regierungsfraktion nicht davon ab, Zweckoptimismus zu verbreiten. „Wir haben die Hoffnung nicht aufgegeben, das Riesenrad wäre für die City-West eine wunderbare Sache“, sagt der SPD-Stadtentwicklungsexperte Daniel Buchholz.

Offenbar ist in der Landes- und Bezirkspolitik noch nicht angekommen, dass die wirtschaftliche Lage des geschlossenen Immobilienfonds – der 2006 für den Bau von Riesenrädern in Berlin, aber auch in Peking und Orlando 208,5 Millionen Euro einsammelte – fast aussichtslos erscheint. Die Privatbank Delbrück, Bethmann, Maffei (DBM), deren Investment GmbH den Fonds aufgelegt hat, musste dem Berliner Projekt schon vier Millionen Euro zuschießen, nur um den laufenden Betrieb zu sichern. Dieser Kredit verschaffte Luft, um weiter nach einem Generalunternehmer und Geldgebern für den Bau des Aussichtsrads zu suchen.

Ein Darlehen fürs laufende Geschäft von 750 000 Euro benötigte auch die Projektgesellschaft in Orlando, dessen Chancen, am Rad zu drehen, noch schlechter sind als in Berlin, da keine US-Bank so etwas finanziert. Und die insolvente Firma in Peking steht unter Zwangsverwaltung. Die Treuhänderin des Fonds „Global View“ forderte die Fonds-Geschäftsführung derweil auf, für die nervös gewordenen 10 000 Anleger Transparenz herzustellen. Nach Informationen der Münchener Rechtsanwältin Jana Meister sollen externe Wirtschaftsprüfer die einzelnen Projekte unter die Lupe nehmen. In Berlin hat die Beraterfirma KPMG geprüft, was mit den 53 Millionen Euro geschehen ist, die aus dem Fonds in die Hauptstadt flossen und ausgegeben wurden für Dinge, die am Zoo nicht sichtbar sind. Das Gutachten liegt noch nicht vor.

Eine außerordentliche Gesellschafterversammlung des „Global View“-Fonds in Frankfurt/Main, auf deren Tagesordnung der Jahresabschluss für 2008 und neue Zahlen für 2009 stehen, soll nun im April stattfinden. Der Termin wurde schon zwei Mal verschoben. „Einem Schreiben der Fondsgeschäftsführung ist zu entnehmen, dass auch ein Totalverlust für die Anleger nicht ausgeschlossen ist“, offenbart die Anwaltskanzlei Dittke, Schweiger, Kehl & Partner in Düsseldorf. Die Fachjuristen sind bundesweit sehr rührig, wenn es um die Riesenräder geht, denn die Fondszeichner – davon viele in Berlin – bangen längst um ihr Geld. Mindestens 10 000 Euro haben sie 2006 je Fondsanteil gezeichnet.

Die Wertanlage weiterzuverkaufen, lohnt sich kaum noch: Der Kurs des Global View an der Fondsbörse Deutschland ist von 77,5 Prozent im April 2008 auf 22,5 Prozent im Januar 2010 abgestürzt. Von der angekündigten Rendite von zehn Prozent jährlich ab 2008 haben die Anleger bisher keinen Cent gesehen. Im Management-Rating der Hamburger Scoup Group, einer unabhängigen Prüfagentur für internationale Kapitalanlagen, wurde der Riesenrad-Fonds 2009 herabgestuft. Das Hauptproblem, das nach einer turbulenten Gesellschafterversammlung im August letzten Jahres öffentlich bekannt wurde: Die 208,5 Millionen Euro Fondseinlagen wurden seit 2006 für Grundstückskäufe, Marketing, Projektentwicklung usw. verbraucht. Das heißt, der Bau der Riesenräder müsste komplett über Bankkredite finanziert werden.

In Berlin werden dafür noch etwa 70 Millionen Euro fremdes Kapital gebraucht. Ende März soll angeblich geklärt sein, ob eine Baufirma bereit ist, in diesem Rahmen den Generalunternehmer zu spielen. Parallel dazu sucht die DBM Fonds Invest GmbH, die den Global View aufgelegt hat, fieberhaft nach Kreditgebern. Bislang erfolglos.

Der Mutterkonzern der DBM, die holländische Staatsbank ABN Amro, schießt nach sicheren Informationen des Tagesspiegel kein Geld zu. Als naheliegender Partner käme noch die Deutsche Bank infrage, die den Riesenrad-Fonds 2006 – gemeinsam mit DBM, Citibank und dem Bankhaus Wölbern – vertrieben und dabei gut verdient hat. Die Provision betrug zehn Prozent. Doch in Branchenkreisen heißt es, die Deutsche Bank rühre sich nicht. Auch sonst sei es „wahnsinnig schwierig“, für das Projekt Geld einzuwerben. Die Berliner Behörden, die den Investoren das Grundstück verkauft, einen Bebauungsplan aufgestellt, ein Verkehrskonzept für den Hardenbergplatz erarbeitet haben und den Wirtschaftshof des Zoos verlegten, haben aber keinen Plan B. „Wenn es nicht klappt, müssen wir uns neue Gedanken machen“, sagt eine Sprecherin der Stadtentwicklungsverwaltung.

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