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Alles unter Kontrolle. Hells-Angels-Mitglieder kontrollieren am Sonnabend die vergitterte Einfahrt zu ihrem Clubgelände in Hohenschönhausen. In den Straßen drumherum wachte ein großes Polizeiaufgebot. Foto: Davids

© DAVIDS

Update

Rockertreff: Hells-Angels-Party mit Polizei

Die Hells Angels wollten in Hohenschönhausen Jubiläum feiern. 900 Personen wurden von der Polizei kontrolliert, mehrere Stichwaffen gefunden und zwei Haftbefehle vollstreckt.

Was die breitschultrigen Herren in den Lederwesten bei Bier und Musik zu besprechen hatten, wüssten die Ermittler des Landeskriminalamtes auch ganz gern. Aufmerksam beobachteten Beamte in Zivil und Uniform am Sonnabend das Hohenschönhausener Klubhaus der Hells Angels. Das dortige Charter, also die örtliche Dependance der Rockerbruderschaft, feierte zehnjähriges Bestehen. Die „Hells Angels MC Nomads“ – das Buchstabenkürzel MC steht für Motorcycle Club – hatten dazu Höllenengel bundesweit eingeladen. Auch Rocker aus Italien und Skandinavien sollen sich auf den Weg nach Berlin gemacht haben.

Mit einer Flutlichtanlage leuchtete die Polizei die Einfahrt zum Klubhaus aus. Jeder der auf das weiträumig abgesperrte Gelände wollte, wurde kontrolliert. Für zwei Männer war die Party schon vor dem Vereinsheim zu Ende, sie wurden mit Haftbefehlen gesucht und kamen in Gewahrsam. Ansonsten fanden Beamte lediglich einige Stichwaffen.. „Bisher eine ruhige Nacht“, sagte am Abend ein Sprecher der Polizei.

900 Personen wurden kontrolliert, so ein Sprecher der Polizei am Sonntag-Vormittag. Zu einem Zwischenfall kam es, als etwa 30 Personen unkontrolliert auf das Gelände gelangen wollten. Die Polizisten drängten die Gruppe ab. Ein Wasserwerfer wurde vor der Gruppe postiert. Ansonsten gab es keine Ausschreitung, lediglich die üblichen Pöbeleien, so der Polizei-Sprecher. Insgesamt war die Polizei mit vier Hundertschaften im Einsatz.

Noch gestern Nachmittag war nicht klar, ob die Rocker von Hohenschönhausen aus eine gemeinsame Ausfahrt planten. Motorradfahrer ziehen dann in Konvois durch die Stadt, und zum Ärger der Behörden halten sich die Männer auf den Zweirädern bei derlei geballter Präsenz nicht unbedingt an die Verkehrsvorschriften. Kürzlich hatten Beamte in Potsdam einen solchen City Run verhindert. Zur Zehnjahresfeier kamen die meisten zu Fuß. „Die haben ihre Autos irgendwo abgestellt und sind den Rest des Weges in Gruppen gelaufen“, sagte ein Polizist.

Auch bei vergangenen Hells-Angels-Feiern hatten schwer bewaffnete Einsatzkräfte jeden Rocker überprüft. Regelmäßig wurden Waffen gefunden, mit denen sich Hells Angels und die konkurrierenden Bandidos bekriegen. Letztere sind, wie die Höllenengel, eine internationale Bruderschaft mit strengen Hierarchien. Polizisten sprechen von Revierkämpfen im Rotlichtmilieu, von Schutzgeld und Drogen. Rocker arbeiten oft als Türsteher – als Einlasser können sie bestimmen, welche Geschäfte in Bars und Diskotheken stattfinden. Politiker forderten kürzlich ein Verbot der Klubs.

Vor Razzien dürfte die Berliner Rocker inzwischen niemand mehr warnen: Am Donnerstag hatten Ermittler einen sogenannten Maulwurf der Hells Angels in den Reihen der Polizei enttarnt. Der Beamte soll ein Charter türkischer Höllenengel in Reinickendorf, deren Mitglieder beim Anabolikahandel auffielen, vor Einsätzen gewarnt haben. Ebenfalls am Donnerstag wurden drei Brandenburger aus dem Hells-Angels-Umfeld wegen räuberischer Erpressung und Körperverletzung zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.

Die bisher blutigsten Auseinandersetzungen zwischen Hells Angels und Bandidos gab es in den Neunzigern in Skandinavien. Dem dortigen Rockerkrieg fielen elf Menschen zum Opfer, fast 100 wurden verletzt. In Dänemark besiegelte Bandidos-Chef Jim Tinndahn dann 1997 vor laufenden TV-Kameras ein Waffenstillstandsabkommen mit einem Hells-Angels-Boss.

Hierzulande gab es noch 2009 drei tote Rocker. Einer starb in einer Augustnacht 2009 in Hohenschönhausen. Erst wurde auf Hells-Angels-Anhänger Michael B. eingestochen, dann trafen ihn Pistolenkugeln. Der 33-jährige Schwergewichtler habe die Hells Angels verlassen wollen und sich mit Bandidos getroffen, hieß es. Schnell war von Fememord die Rede, denn Überläufer sind nicht gern gesehen. Nach einjähriger Suche stellte sich ein Verdächtiger im Juli der Polizei. Offiziell wurde der Mann aber nicht wegen des toten Ex-Kameraden gesucht, dafür gibt es zu wenig Anhaltspunkte, sondern wegen unerlaubten Waffenbesitzes. Laut Staatsanwaltschaft gibt es zu den Mordermittlungen seitdem nichts Neues.

Die Bundesspitzen von Hells Angels und Bandidos hatten im Juni in Hannover ein Abkommen nach dänischem Vorbild unterzeichnet. Darin heißt es, beide Bruderschaften werben sich keine Anhänger ab. Dänischen Medien zufolge soll Bandidos-Boss Jim Tinndahn das skandinavische Abkommen unterdessen gekündigt haben: Die Hells Angels hätten Überläufer der Bandidos aufgenommen. Tinndahn wird mit den Worten zitiert: „Das macht mich wütend.“

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