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Rolf Zacher

© imago/teutopress

Rolf Zacher (1941 - 2018): „Das soll Zacher-Bouum machen"

Er hat mehr als 200 Filme und Fernsehstücke gedreht. Aber gespielt hat er eigentlich immer sich selbst, in unterschiedlichen Facetten. Zum Tod von Rolf Zacher.

Um als Schauspieler berühmt, vielleicht sogar legendär zu werden, reicht es nicht aus, gut zu spielen. Man muss wiedererkennbar sein, durch alle Rollen hindurch, und mit jedem Film, jedem Auftritt auch etwas von sich selber preisgeben. Bis am Ende der Schauspieler und seine Auftritte zur eigenen Kunstfigur verschmelzen.

Rolf Zacher hat mehr als 200 Filme und Fernsehstücke gedreht. Aber gespielt hat er eigentlich immer sich selbst, in unterschiedlichen Facetten. „Das soll Zacher-Bouum machen“, so beschrieb er einmal seine Arbeitsweise. Zacher-Bouum: Das begann schon bei der Auswahl der Projekte, bei denen er nicht wählerisch war.

Zacher gehörte zu den Protagonisten des Neuen Deutschen Films, er stand in Ulrich Schamonis Abtreibungsdrama „Es“, in Volker Vogelers Alpenwestern „Jaider – der einsame Jäger“ und Rainer Werner Fassbinders Gangster-Saga „Berlin Alexanderplatz“ vor der Kamera, schreckte aber auch vor Trash wie „Trimm dich durch Sex“ oder „Son of Hitler“ nicht zurück, nicht einmal vor der ARD-Telenovela „Rote Rosen“.

„Wenn ich die Rolle spiele, dann lebe ich die“

Hauptsache, es machte Zacher- Bouum. Und das machte es eigentlich immer, egal, wie klein die Rolle auch sein mochte. Denn Zacher gelang es, jeden Film zum Zacher-Film zu machen, jeder Produktion seinen Stempel aufzudrücken. Dafür sorgte allein schon seine schlaksige Physiognomie, die staksige, strizziartige Art, sich fortzubewegen, sein zerknautschtes Lausbubenlächeln und natürlich die unnachahmliche Stimme, diese Mischung aus Näseln und Stakkatosprech, die er als Synchronsprecher auch Nicolas Cage und Robert de Niro lieh.

Charakterdarsteller wollte Zacher nicht werden, er begnügte sich damit, ein begnadeter Menschenerkunder und Selbstdarsteller zu sein. Interviews mit ihm waren manchmal eher Performances. Und auch die Boulevard-Schlagzeilen über Alkohol-Eskapaden, seine zwischenzeitliche, glücklich überwundene Heroin-Sucht oder zuletzt den Auftritt im RTL-„Dschungelcamp“ gehörten zum Gesamtkunstwerk.

„Wenn ich die Rolle spiele, dann lebe ich die“, hat Zacher verkündet und sich auf den großen amerikanischen Kollegen Rod Steiger berufen, dem er 1982 bei den Dreharbeiten zu Hans W. Geißendörfers „Zauberberg“- Verfilmung begegnet war. „Steiger hat gesagt: Wenn du vor der Kamera stehst, bist du immer an der Grenze des Wahnsinns, auf der Kippe. Das mag ich.“

Zacher war zappelig und ungeduldig, vielleicht deshalb, weil er am 31. März 1941 in einem Taxi zur Welt kam, auf dem Weg in ein Berliner Krankenhaus. Als Flüchtlingskind wuchs er in Brandenburg auf und kehrte nach Berlin zurück, um zunächst eine Konditorenlehre und dann eine Ausbildung an der Schauspielschule „Der Kreis“ zu absolvieren, die vom Ufa-Regisseur Fritz Kirchhoff gegründet worden war.

„Endstation Freiheit“

Seine erste Rolle bekam Zacher 1961 im Halbstarken-Film „Zu jung für die Liebe?“, es folgten Fernsehserien wie „Gestatten – mein Name ist Cox“ oder „Polizeifunk ruft“. Die Figuren: Schurken, Bankräuber, Gammler oder, wie im Hippie-Liebesdrama „Zwischen uns beiden“ von Roger Fritz, ein „Beat-Junge“.

Seine Autobiografie hat Rolf Zacher „Endstation Freiheit“ genannt, nach dem Film von Reinhard Hauff, für den er 1981 mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichnet worden war. Da ist er, wieder einmal, als kleiner Gauner zu sehen, als gescheitertes Schlitzohr, dem das Leben entgleitet.

Drogenabhängig ist er außerdem, die Rolle war nicht weit von Zachers damaligem Dasein entfernt. Seit einem Autounfall litt der Schauspieler an einer Rückenkrankheit, über Schmerzmittel war er beim Heroin gelandet. Es dauerte viele Entzugskuren, bis Zacher vom Rauschgift loskam. Wegen Drogendelikten wurde er mehrmals verhaftet.

In seinen Memoiren berichtet Zacher von einem Angebot aus New York, das sich am Ende zerschlug. „Das Angebot genügte mir schon als Idee. Es war wie so oft in meinem Leben: Möglichkeiten bedeuteten mir mehr als ihre Umsetzung.“ Aus einer internationalen Karriere wurde nichts, aber unterwegs gewesen ist Zacher trotzdem viel. Mit der Krautrockband Amon Düül II war er fast ein Jahr lang als Gastsänger auf Tournee. Später veröffentlichte er eine eigene Maxisingle mit dem hoffnungsfrohen Titel „Langsam ... wird alles besser“.

Jahrzehntelang war Berlin der Lebensmittelpunkt des Schauspielers. Doch 2015 zog er nach Lübeck. „Es gibt in Berlin kein Mitgefühl mehr“, sagte er zur Begründung. „Man kann hier ja kaum noch auf die Straße gehen, ohne gleich überfahren zu werden. Es herrscht Krieg auf den Straßen.“ Am Samstag ist Rolf Zacher in einem Hamburger Pflegeheim gestorben, in dem er seit einem knappen Jahr lebte. Er wurde 76 Jahre alt.

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