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Berlin: Rot für Raser

Mit Schwerpunkt-Kontrollen will die Polizei verstärkt Temposünder stoppen – die Politik fordert eine veränderte Verkehrsplanung

Das Plakat ist makaber, aber wirkungsvoll: Mehrere Ärzte beugen sich im Halbkreis über den OP-Tisch, fotografiert aus der Perspektive des Patienten. Dazu der Slogan: „Rasen Sie! Wir kümmern uns um den Rest.“ Das Motiv gehört zu einer Kampagne des Innenministeriums von Sachsen-Anhalt, die Autofahrer mäßigen soll. Dazu besteht immer wieder Anlass. In Berlin und Brandenburg verunglückten am vergangenen Wochenende vier Autofahrer tödlich; in mindestens zwei Fällen war überhöhte Geschwindigkeit die Ursache.

Die Polizei geht neuerdings verstärkt gegen Verkehrssünder vor. Am kommenden Wochenende bündelt sie ihre Kräfte rund um die Love Parade. 600 Autofahrer unter Einfluss von Alkohol oder anderen Drogen wurden im vergangenen Jahr an den drei Tagen aus dem Verkehr gezogen. Nach den Ferien sind die Schulen dran. Meist verschärft die Polizei ihre Raser-Kontrollen auf Wunsch besorgter Eltern. Allerdings sind es dann auch meist Mütter und Väter, die dort geblitzt werden, wenn sie auf den letzten Drücker ihre Kinder abliefern.

Über diese Schwerpunktkontrollen hinaus ist die Jagd auf Verkehrssünder schon seit Jahresbeginn ein Arbeitsschwerpunkt der Polizei. „Alle unsere Radarwagen und Laveg-Geräte sind im Dauereinsatz“, sagt Michael Zeilbeck vom Stabsbereich Verkehrsunfallbekämpfung. Mit Laveg-Gerät sind Laser-Ferngläser gemeint. Der Unterschied zum Radar ist, dass die Beamten den Verkehrssünder gleich anhalten und verwarnen. Ob die Zahl der Erwischten im Vergleich zum Vorjahr gestiegen ist, konnte Zeilbeck noch nicht sagen.

Verwarnung und Bußgeld wirken aber erst nach dem Verstoß. Der CDU-Verkehrspolitiker Alexander Kaczmarek ist dafür, an unfallträchtigen Stellen mehr Blitzer aufzustellen. „Es kann auch ruhig ein Schild an der Straße darauf hinweisen, es geht ja um Prävention“, sagt Kaczmarek. Er fordert auch eine andere Verkehrsführung, etwa mehr Kreisverkehre und Zebrastreifen statt Ampelkreuzungen. „Vor der Ampel geben viele nochmal Gas, am Kreisverkehr ist man dagegen gezwungen, zu stoppen und zu schauen.“

Petra Reetz, Sprecherin von Verkehrssenator Peter Strieder (SPD), stimmt ihm darin grundsätzlich zu – und nennt gleich die Grenzen. „Kreisverkehre sind prima, weil sie den Verkehr bremsen, aber sie brauchen Platz – und den haben wir nur am Stadtrand, nicht in der Innenstadt.“ Und Zebrastreifen seien nur dann ungefährlich, wenn die Straße nicht sehr breit ist oder von einer Mittelinsel geteilt wird – sonst wird der Fußgänger allzu leicht übersehen. Generell habe die Politik mittlerweile aber erkannt, „dass Ampeln nicht immer optimal sind.“

Es gibt auch „intelligente“ Ampeln, zum Beispiel in Lingen im Emsland. Sie sind so gesteuert, dass Raser zum Bremsen gezwungen werden, vorschriftsmäßig Fahrende aber ungehindert weiterkommen (siehe Kasten). Ähnliches haben Reisende auch schon in Spanien und anderen Ländern beobachten können. Berlin hat gleichfalls damit experimentiert, aber hier hat es nicht funktioniert. Die intelligenten Ampeln schalten nur bei Bedarf auf Grün – also nicht nach festen Intervalle . Das geht dort, wo wenig Verkehr ist, aber nicht in Ballungsräumen. „In Berlin sind die Ampeln der neueren Generation quasi dauernd miteinander im Gespräch“, sagt Reetz. „Ändert eine ihren Rhythmus, so hat das Auswirkungen auf die anderen. Ampeln, die bei einem herannahenden Wagen automatisch auf Grün umspringen, würden den Folgeverkehr durcheinander bringen.“

In Berlin sollen die Ampeln den Verkehr auf großen Straßen in Fluss halten, aber er muss auch immer wieder unterbrochen werden, um Querungen zu ermöglichen“, so Reetz. „Sonst provozieren Sie Staus, und das will auch keiner.“

Fatina Keilani

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