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Berlin: Rotes Kreuz: Der Verband hängt jetzt am Tropf des Arbeitsamtes

Das Deutsche Rote Kreuz kann keine Gehälter mehr zahlen und hat auch kein Geld für Abfindungen, die entlassenen Mitarbeitern zugesagt wurden. Die Finanznot des Landesverbandes ist schlimmer, als es die Geschäftsführung und das Präsidium bisher eingestanden haben.

Das Deutsche Rote Kreuz kann keine Gehälter mehr zahlen und hat auch kein Geld für Abfindungen, die entlassenen Mitarbeitern zugesagt wurden. Die Finanznot des Landesverbandes ist schlimmer, als es die Geschäftsführung und das Präsidium bisher eingestanden haben. Das stellte sich bei der Personalversammlung des zahlungsunfähigen Verbandes gestern in der Urania heraus. Seine 650 Mitarbeiter werden ihre Gehälter für Mai, Juni, Juli im Rahmen des beantragten Insolvenzverfahrens von der Bundesanstalt für Arbeit erhalten, teilte Insolvenzverwalter Udo Feser mit. Empörte Rot-Kreuzler forderten den Rücktritt von Präsidium und Geschäftsführung.

"Das DRK Berlin ist schon lange krank. Die bisherige Therapie hat zu wenig genützt - nun liegt das Rote Kreuz auf der Intensivstation". Mit diesem Bild machte der vom Amtsgericht Charlottenburg als Insolvenzverwalter eingesetzte Anwalt die Dramatik der Situation klar. Bis Anfang August muss er nun eine wirtschaftliche Bestandsaufnahme machen und einen Plan entwickeln, auf welche Weise sich das Pleite gegangene Wohlfahrtsunternehmen zumindest teilweise retten lässt. Dieses Sanierungskonzept ist aber nur realisierbar, falls die Gläubiger mehrheitlich zustimmen. Dabei wird es vor allem um die Frage gehen, ob sie einen möglichen Vergleich akzeptieren, bei dem sie auf Teile ihrer Forderungen verzichten. Insgesamt steht der DRK-Landesverband 100 Millionen Mark in der Kreide.

Ein Vergleich wird aber nicht reichen, um die Zukunft des DRK zu sichern. Der Insolvenzverwalter setzt deshalb auf die "stillen Reserven" in Form von Immobilien, deren Verkauf 40 Millionen Mark einbringen könnte. Und das Personal muss mit weiteren Kündigungen und "Auslagerungen" rechnen. Möglicherweise werden Kitas oder andere Einrichtungen wirtschaftlich gesünderen Trägern übergeben. Konkrete Vorstellungen habe er noch nicht, sagte Feser. Sollten aber weitere Rot-Kreuzler entlassen werden, so haben sie infolge des Insolvenzrechtes gravierende Nachteile: Sie müssen innerhalb von drei Monaten gehen, egal, wie lange sie dem DRK angehören, und können kaum auf eine Abfindung hoffen.

Schlechte Nachrichten auch für viele ehemalige DRKler, die bereits im vergangenen Jahr gekündigt wurden und dank eines Sozialplanes großzügige Abfindungen zugestanden bekamen. Ihnen wurde bisher nur eine erste geringe Rate ausgezahlt, den größeren Anteil sollten sie zum 1. Juni 2001 erhalten, doch darum müssen sie jetzt bangen. Sie gehören zum Gläubigerkreis und werden im Rahmen des Insolvenzverfahrens abgegolten. Danach darf maximal ein Drittel der Summe, die Insolvenzverwalter Feser für die Gläubiger zusammengebringt, für Sozialpläne ausgegeben werden.

"Ich bin für die etwas chaotische Vergangenheit des DRK nicht verantwortlich. Gott sei Dank", sagte Feser gestern in der Urania und traf den Nerv der 600 Versammelten. Spontan erhielt er Antwort im Chor: "Wir auch nicht!" Mitarbeiter warfen der Geschäftsführung und dem DRK-Präsidium vor, sie hätten die Brisanz der Situation lange Zeit verkannt und später beschönigt. Präsidiumsmitglied Klaus Burghard, Landesarzt des DRK, hörte mit starrer Miene zu. Dann entschuldigte er sich: "Ich war wohl nicht mutig genug, mich rechtzeitig zu äußern."

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