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Elektrofahrräder: Rückenwind serienmäßig

Elektrofahrräder sind schwer im Kommen – und an der Qualität wird nicht gespart. Die Krise kommt so bei den Händlern erst einmal nicht an.

Die Krise kennt Josef Zimmerer nur aus den Nachrichten. „Seit das Wetter so gut ist, kaufen die Leute mehr und bessere Räder“, berichtet der Chef von Zweirad Stadler, Berlins größtem Fahrradgeschäft. Geringes Gewicht und haltbare Technik seien den Leuten einiges Geld wert – und für Sicherheit wird noch etwas draufgelegt: „Etwa 80 Prozent der Neukunden gehen mit einem Helm aus dem Laden“, sagt Zimmerer.

Auch Eckbert Schauer ist stolz auf seine Kundschaft: „Einen unglaublichen Zuwachs an gutem Geschmack“ diagnostiziert der Geschäftsführer von „Ostrad“ in der Winsstraße: Die Rahmenrohre würden wieder dünner, die Farben klassischer. Statt fetter Federn würden dämpfende Stahlrahmen und Breitreifen gewählt, und statt in himalajataugliche 27-Gang-Schaltungen investiere die Kundschaft eher in langlebiges Material. Wenn gespart werde, dann an Reparaturen – indem man beim Neukauf mehr ausgibt, sagt Schauer. In der Preisklasse ab 500 Euro seien die unverwüstlichen Nabendynamos inzwischen Standard, und die sparsamen LED-Scheinwerfer setzten sich zumindest allmählich durch.

Der ganz große Trend aber kommt gerade erst in Schwung: Elektrofahrräder, bei denen ein Motor dezent beim Treten hilft. René Marks, Chefredakteur des „Radtouren-Magazins“, ist nach ausgiebigen Testfahrten begeistert: „Die gehen ab wie Raketen und fahren dich fast umsonst den Berg hoch“, sagt er. „Damit machen Leute Radelurlaub im Gebirge, die sich das sonst nicht zutrauen würden.“ Noch müsse man für ein E-Bike mit gutem Akku 3000 Euro ausgeben, aber Marks rechnet trotzdem mit dem großen Durchbruch: Beim absehbaren Boom der Elektroautos im nächsten Jahrzehnt dürften die Räder mit eingebautem Rückenwind quasi als Nebenprodukt abfallen. Und langfristig werde ein Netz von Ladestationen entstehen. Dabei sind Reichweiten zwischen 40 und 80 Kilometern schon jetzt möglich, wie Zimmerer berichtet. Als städtische Hauptzielgruppe sieht er die Anzugträger, die morgens nicht verschwitzt im Büro ankommen wollen. Einziger Haken: Die meisten E-Bikes wiegen mindestens 20 Kilo. „Zu schwer für die Kellertreppe und zu teuer, um sie draußen stehen zu lassen“, resümiert Schauer betrübt. „Dabei fahren die wirklich perfekt.“

Der Gegentrend heißt „Single Speed Bikes“, auch als Kurierräder bekannt. Gemeint sind minimalistische Renner, bei denen im Extremfall sogar die Bremsen wegfallen, weil’s ein paar Gramm spart. Aber über diese Räder wird mehr geredet, als mit ihnen geradelt wird. 

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