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SONNTAGS um zehn: Rückwärts ins warme Wasser Taufgottesdienst bei den Baptisten

in der Kreuzberger Bergmannstraße.

Der Pfarrer ist als Erster hinabgestiegen. Sechs Stufen, hinein ins grünlich schimmernde Wasser. 3000 Liter, angenehm warm, im Taufbecken des Hauses der Evangelisch Freikirchlichen Gemeinde Kreuzberg in der Bergmannstraße. Es ist Taufgottesdienst, ein besonderer Tag.

Die vier Täuflinge saßen ganz in Weiß vorne im bestens besuchten Kirchenraum der baptistischen Gemeinde. In Weiß trat auch Pfarrer Matthias Linke auf und predigte. Über die Taufe als Wiedergeburt, als eine weitere Chance, weil Gott „anders als der geduldigste Chef“ nie aufhören würde, noch eine Chance zu geben. Es ging um den 2. Korintherbrief, in dem es heißt, der Mensch sei ein Brief Gottes, „nicht mit Tinte geschrieben, sondern mit dem Geist des lebenschaffenden Gottes“.

„Das Leben jedes Menschen ist ein Brief, den Gott an den Menschen schreibt“, sagte Pfarrer Linke, „und Gott schreibt gern, wenn ich das so sagen darf.“ Er sprach eindringlich, aber vergnügt. „Lasst euer Leben reden“, war die Botschaft an die Täuflinge und alle Kirchenbesucher, denn das Leben der Menschen sei die einzige Bibel, die heute noch gelesen werde. Aufrichtig sollten sie sein, kein Sonntagsgesicht herzeigen und so tun als ob, sondern ein Alltagsgesicht.

Nicht einfach an so einem Tag. Auf die Predigt folgt die Taufe, die Linke das „Ja-Wort mit Gott“ nannte. Gefilmt von vielen Handykameras steigen die Täuflinge zu ihm ins Becken. An seiner Hand hören sie ihren Taufspruch, lassen sich in seinem Arm nach hinten ins Wasser kippen, quasi sterben und wiederauferstehen – meist mit Wasser in der Nase und verrutschten Kleidern. Aber eben auch mit neuem Mut, der Aussicht auf neue Chancen. Als sie im Keller verschwinden, um sich für ihr neues Leben umzuziehen, singt die Gemeinde ein Loblied auf den Herrn. Das Wasser kommt langsam zur Ruhe. Ariane Bemmer

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