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Rütli

© dpa

Bildung: Rütli-Schule wird Beispiel für Integration

Bisher brachte es die Rütli-Hauptschule hauptsächlich mit Gewalt, Chaos und überforderten Lehrern in die Schlagzeilen. Doch bereits in den letzten Monaten zeigte sich ein Wandel, der nun seine Vollendung finden soll: Das Projekt "Campus Rütli" startet.

Vor knapp zwei Jahren sah alles noch ganz anders aus: Galt die Rütli-Schule in Berlin-Neukölln damals noch bundesweit als Symbol für Gewalt und Chaos in Klassenzimmern und auf dem Schulhof , mausert sie sich jetzt "zum Beispiel für Integration". So bezeichnet zumindest Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD) den Start des "Campus Rütli", einen Verbund von Schulen des sozialen Brennpunktgebiets, in dem 850 Schüler betreut werden. Schirmherrin Christina Rau, die Witwe des früheren Bundespräsidenten Johannes Rau, freute sich "über den völlig neuen Schwung".

Rund um die Rütlischule, wo früher die Polizei den Zugang kontrollieren und die Ordnung wahren musste, soll ein moderner Bildungs- und Kiezverbund entstehen. Das Vorhaben "Campus Rütli - CR2"  wurde heute auf dem ehemaligen Problem-Campus vorgestellt. Die Politik feierte das Ergebnis einer langen schweren Arbeit, die Tag für Tag vor allem von den Schülern, Lehrern und Eltern geleistet worden ist.

Neues Schulmotto: Miteinander

Der Wandel ist tiefgehend. Im Chaos handelte fast jeder gegen jeden, jetzt lautet das Zauberwort "Miteinander". Politisch ist das neue Konzept im Kern die im neuen Schuljahr 2008/09 auf dem "Campus Rütli" startende Gemeinschaftsschule. Dem Verbund, ein Teil des von den Linken im Senat durchgesetzten Modellprojekts Gemeinschaftsschule, gehören neben der Rütli-Schule die Heinrich- Heine-Schule und die Franz-Schubert-Schule an. Die Grundschulen kooperieren wiederum eng mit dem Albert-Schweitzer-Gymnasium. Durch Zusammenarbeit bestehe die Möglichkeit, die Schüler bis zum Abitur zu leiten. Ebenfalls auf den 50.000 Quadratmetern des Projekts "Ein Quadratkilometer Bildung" eingebettet sind mehrere Kindertagesstätten, soziale Werkstätten, Jugendclubs, die Volkshochschule sowie Kinder- und Jugenddienste der zuständigen Behörden.

"Wir wollen konkret an der Rütli-Straße zeigen, dass uns jedes einzelne Kind wichtig ist", sagte Schirmherrin Rau. Junge-Reyer fügte hinzu: "Wie die Menschen in Berlin leben, entscheidet sich in Gebieten wie Nord-Neukölln oder Reinickendorf-Süd." Schulsenator Zöllner sprach am Mittwoch von einem "sozialen Raum mit Bildungsanspruch".

Ein Modell zum Nachmachen

Die kulturelle Vielfalt und Mehrsprachigkeit werde als Chance verstanden. Mehr als 80 Prozent der Schüler der künftigen Gemeinschaftsschule sind nicht-deutscher Herkunft. Laut Buschkowsky greift das Modell "Campus Rütli in das Rad der sich scheinbar naturgesetzlich ständig selbst erneuernden Unterschicht ein". So könne die Wahrnehmung von Neukölln als einem reinen Problemgebiet verändert werden "in einen modernen heterogenen Modellbezirk". Rau sagte: "Ich bin begeistert. Campus Rütli stößt auf sehr großes Interesse in der ganzen Gesellschaft und bindet alle gesellschaftlichen Kräfte ein."

Gewalt und Chaos brachten die Schule in die Schlagzeilen

Die Rütli-Hauptschule war mit Schülerkrawallen und darauf folgenden Hilferufen von Lehrern im Frühjahr 2006 bundesweit bekannt geworden. Die meisten Lehrer trauten sich nur mit Handy in den Unterricht, um im ständig drohenden Notfall sofort die Polizei oder andere Lehrer um Hilfe rufen zu können. Die Schüler machten, was sie wollten, Disziplinlosigkeit hatte sich breit gemacht. Viele Lehrer meldeten sich gleich dauerkrank. In einem "Brandbrief" gestanden die Pädagogen ein, dass sie nicht mehr weiter wussten. Die Rütli- Schule geriet auf die Titelseiten und Kommentarspalten und war großes Thema in einer Bundestagsdebatte. Seither steht der Name wie ein Synonym für Jugendgewalt und Versagen des Bildungssystems.

Ganz anders das Bild im beginnenden Frühjahr 2008: Die "Rütli-Wear" ist zu einem beachteten Mode-Label der engagierten Jugendlichen geworden, an der Schule gibt es zahlreiche neue Sport- und Kultur- oder Musik-Gemeinschaften. Schüler der Rütli-Schule retteten bei einem Überfall ein Gewaltopfer vor Schlimmerem und wurden für ihren Mut geehrt. Zahlreiche Schüler gaben inzwischen sehr positiv klingende Interviews in den Medien, deren Vertreter sich vor zwei Jahren noch vor Steinwürfen ducken mussten.

Für das Projekt gibt es sowohl finanzielle Unterstützung von den beiden Senatsverwaltungen als auch Mittel des Programms Soziale Stadt, des Investitionsprogramms Zukunft, Bildung und Betreuung sowie aus weiteren Programmen. Für die Stiftung Zukunft Berlin hat Christina Rau die Schirmherrschaft übernommen. (saw/dpa/ddp)

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