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Berlin: Sarrazin lässt sich von Strieder nicht beeindrucken

In einem Thesenpapier für die SPD sagt der Finanzsenator: Ein sanfter Ausstieg aus der Wohnungsbauförderung nutzt nur den Investoren

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) will sich vom Bausenator und SPD-Landeschef Peter Strieder nicht vorwerfen lassen, falsch gerechnet zu haben. Der sofortige Ausstieg aus der Anschlussförderung im sozialen Wohnungsbau sei „unter allen Annahmevariationen die fiskalisch vorteilhafteste Lösung“, schreibt Sarrazin in einem Brief an die SPD-Abgeordnetenhausfraktion. Diesen Satz hat der Finanzsenator dem Gutachten einer unabhängigen Expertenkommission zur Wohnungsbauförderung entnommen, das seit wenigen Tagen vorliegt.

Mit einem Thesenpapier, das dem Tagesspiegel vorliegt, reagierte Sarrazin auf die Kritik Strieders, er schätze die Folgen eines radikalen Stopps der Subventionierung des Mietwohnungsbaus falsch ein. Ein behutsamer Ausstieg, der mehrere hundert Einzelverträge über eine schrittweise Verringerung der Förderung notwendig mache, begünstige nur die Eigentümer, schrieb Sarrazin. Die Sozialmieter müssten so oder so eine Mieterhöhung von durchschnittlich 4,50 Euro auf 6,50 Euro hinnehmen. „In beiden Fällen wird man ein sozial akzeptables Mieterkonzept mit Härteausgleich umsetzen müssen.“ Aus Gründen des Mieterschutzes gebe es keine stichhaltigen Argumente gegen den Totalausstieg.

Mit der „speziellen Berliner Förderpraxis“, die seit Anfang der siebziger Jahre praktiziert wird, rechnet Sarrazin hart ab. Diese Wohnungsbauförderung und der mangelnde Wettbewerb habe weit überhöhte Baukosten und Fördervolumina produziert. Die Steuerzahler seien hoch belastet worden; den Sozialmietern und Arbeitnehmern am Bau sei diese Förderpolitik aber auch nicht zugute gekommen. Den Vorteil hätten die privaten Investoren gehabt: „Kein wirtschaftliches Risiko, kaum echter Eigenkapitaleinsatz, aber große Steuerersparnisse.“ Ein besonderes soziales Schutzbedürfnis sei bei dieser Gruppe, die sich aus „dem üblichen Fonds-Anlegerkreis“ zusammensetze, nicht zu erkennen, teilt der Finanzsenator den SPD-Abgeordneten mit.

Außerdem glaubt Sarrazin, dass ein radikales Ende der Förderung auch für die Eigentümer verkraftbar sei, wenn eine solide Finanzierung vorliege. Das heißt: Eigenkapital von 20 Prozent und Hypothekendarlehen mit einem Prozent Anfangstilgung. Probleme bekämen die Eigentümer überteuerter Objekte mit besonders wenig Eigenkapital und Tilgung. Sie würden in Konkurs gehen, aber trotz Insolvenz „wegen der vorausgegangenen hohen Steuerausfälle am Ende noch einen positiven Barwert übrig behalten“.

Die Befürchtung Strieders, das Land Berlin werde wegen der vielen „geprellten“ Investoren einen Imageschaden erleiden, teilt Sarrazin nicht. Wenn Berlin „seine Tatkraft bei der Beseitigung überkommener und unerträglich überteuerter Strukturen unter Beweis stellt“, sei dies ein Imagegewinn.

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