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Berlin: Sarrazins Problemzonen

Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) bleibt bei seiner These: Berlin gibt in allen Bereichen des öffentlichen Lebens viel mehr Geld aus als andere Großstädte und Bundesländer. Die staatlichen Zuweisungen und Zuschüsse lägen (bereinigt um Unterschiede in der Bevölkerungsgröße) um 3,8 Milliarden Euro über dem Durchschnitt der Länder und Gemeinden.

Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) bleibt bei seiner These: Berlin gibt in allen Bereichen des öffentlichen Lebens viel mehr Geld aus als andere Großstädte und Bundesländer. Die staatlichen Zuweisungen und Zuschüsse lägen (bereinigt um Unterschiede in der Bevölkerungsgröße) um 3,8 Milliarden Euro über dem Durchschnitt der Länder und Gemeinden. Die Sachausgaben der Berliner Verwaltung seien, so gerechnet, 500 Millionen Euro zu hoch und die Personalkosten lägen 1,7 Milliarden Euro über dem bundesweiten Standard, schreibt Sarrazin in einem Papier über die „Problemzonen des Haushalts“.

Bei den öffentlichen Investitionen hingegen hinke Berlin dem Bundesniveau um 700 Millionen Euro jährlich hinterher. Das bestätigt Sarrazin in seiner Meinung, dass die Hauptstadt unter „konsumtiver Schlagseite“ leidet. Das übermäßige Geldausgeben habe im vergangenen Jahrzehnt keine konjunkturfördernde Wirkung gehabt. Streng geht der Finanzsenator zum Beispiel mit der Prozessfreudigkeit der Berliner zu Gericht. „Besonders gern werden Zivilprozesse geführt, die ein wahnsinniges Geld kosten.“ Auf 1000 Einwohner kämen 76 erledigte Gerichtsverfahren, im Bundesdurchschnitt seien es 43. Die Prozesskostenhilfe würde viel zu häufig in Anspruch genommen. Die Mehrkosten: 270 Millionen Euro.

Mit der extrem hohen Polizeidichte - um 50 Prozent höher als in Hamburg und doppelt so hoch wie im Bundesdurchschnitt – ist Sarrazin auch nicht einverstanden. Trotz der hohen Zahl von Polizeibeamten sei die Aufklärungsquote in Hamburg, München oder Stuttgart höher und es gebe in diesen Städten weniger Straftaten. Auch die Hauptstadtfunktion binde nur 1300 Polizisten und könne den Mehraufwand (170 Millionen Euro jährlich im Vergleich zu Hamburg) nur zum kleinen Teil erklären.

Zusätzliches Lehrerpersonal an den Berliner Schulen hält der Finanzsenator für unnötig. Die Lehrerdichte läge um 14 Prozent über dem Bundesniveau, aber die Zahl der Unterrichtsstunden um sechs Prozent unter dem Durchschnitt. „Die wesentlich größeren Lernerfolge in vielen anderen Bundesländern hängen zusammen mit mehr Dienstaufsicht und Erfolgskontrollen, anderen Lehrplaninhalten und einer offenbar besseren Motivation und Arbeitsqualität der Lehrerschaft.“ Auch die hohen Kosten von Kultur und Wissenschaft sind Sarrazin ein Dorn im Auge. Das Augenmerk müsse auf die wissenschaftliche Qualität und die elitäre Funktion der Hochschulen, nicht aber auf die „schiere Ausbildungsmasse“ gelegt werden. Investiert werde „zum größten Teil in Durchschnittlichkeit.“ Auch mit der „Subventionierung von drei statt nur einer Oper“ sei der Wirtschaftsstandort Berlin nicht zu stärken.

Die Wohnungsbauförderung ist nach Auffassung Sarrazins „die größte finanzpolitische Katastrophe der letzten zehn Jahre in Berlin.“ Die Pro-Kopf-Ausgaben seien fünfmal so hoch wie im Bundesdurchschnitt. Die Subventionierung der Förderjahrgänge bis 1989 habe das Land Berlin letztes Jahr 534 Millionen Euro gekostet, die Förderung der Jahrgänge ab 1990 hingegen 1,02 Milliarden Euro. Der Neubau von 90 000 Wohnungen seit der Wende, bei einem heutigen Leerstand von 140 000 Wohnungen, sei eine verantwortungslose Fehlentscheidung.

Das hohe Niveau der Sozialausgaben wird vom Finanzsenator ebenfalls kritisiert. „Die Sozialverwaltung in Berlin ist besonders ineffizient und beschäftigt - größenbereinigt - 70 Prozent mehr Mitarbeiter als in Hamburg und 2,3-mal so viel wie im Durchschnitt der Bundesländer. Geschätzte Mehrkosten: 300 Millionen Euro jährlich. Nur bei der Wirtschaftsförderung stellt Sarrazin einen gegenläufigen Trend fest. Trotz fehlenden Wirtschaftswachstums gebe Berlin da 30 Prozent weniger aus als der Bundesdurchschnitt . „Wir sparen bei Investitionen und der Wirtschaft.“Ulrich Zawatka-Gerlach

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