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Berlin: Sauber, aber nicht rein

Jetzt rücken auch Bürgerinitiativen dem Unrat in Parks und auf Plätzen zu Leibe. Dennoch bleibt viel Dreck liegen

Die Mitarbeiter der Grünflächenämter bemühen sich derzeit, die Parks und Spielplätze in der Stadt zu reinigen und für die Freiluftsaison schön zu machen. Aber Geld und Personal reichen oft gerade einmal dazu, den gröbsten Schmutz zu entfernen. Manchen Bürgern ist das zu wenig; sie ergreifen selbst die Initiative: Anwohner-Bündnisse organisieren Sperrmülltage, treffen sich zum Frühjahrsputz in Parks, bepflanzen Pflanztröge oder Beete in ihrem Kiez. Bisweilen tun sie das in Absprache mit den Grünflächenämtern ihres Bezirks. Doch die freiwilligen Einsätze bleiben die Ausnahme – und ein Sisyphus-Werk. Oft scheint der Kampf um Sauberkeit fast aussichtslos. Hundekot, verdreckte Grünanlagen, überfüllte Mülleimer, Graffiti und weggeworfener Unrat verunstalten die Stadt. Könnte diesem Zustand nicht durch eine Kehrwoche nach schwäbischem Vorbild, die die Mieter zur Sauberkeit nicht nur im, sondern auch vor dem Haus verpflichtet, begegnet werden?

Beispiele für privates Reinemachen von öffentlichen Anlagen gibt es bereits – allerdings auf freiwilliger Basis. In Charlottenburg-Wilmersdorf etwa sind Anwohner-Bündnisse wie die „Parkinitiative Brixplatz“ oder das „Kiezbündnis Klausenerplatz“ aktiv – zwei von mehreren Gruppen im Bezirk, die ehrenamtlich Parks in ihrem Kiez im Frühjahr säubern und das ganze Jahr über in Ordnung halten. Am Schöneberger Cheruskerplatz greifen Bewohner zu Rechen und Harke, ebenso im Lichtenrader Volkspark.

In Spandau haben sich vor gut einem Jahr fünf Privatleute zur „Bürgerinitiative Hafenplatz / Wröhmännerpark“ zusammengetan. „Fast jeden Tag sind wir nach der Arbeit im Park unterwegs“, sagt Gertraud Schmidt, Vorstandssekretärin, 56 Jahre alt. Ihre Mitstreiter kommen aus den unterschiedlichsten Berufen und sind zwischen 33 und 65 Jahre alt. Das Standard-Programm der Gruppe sieht so aus: Mülleimer ausleeren; notieren, wenn etwas kaputt ist – die Laternen, die Holzbänke oder ein Müllbehälter. Am Wochenende harkt die Gruppe Laub oder befreit die Parkwege von Unkraut. Wenn etwas zerstört wurde, ruft die Initiative im Grünflächenamt an. Dort lobt man die gute Zusammenarbeit.

„Wir sind Idealisten“, sagt Gertraud Schmidt. „Wir wollen ein Stück Lebensqualität erhalten.“ Manchmal hilft ein Besucher aus Bremen, dessen Sohn in Spandau wohnt. Gertraud Schmidt sagt: „Er war von unserer Idee so begeistert, dass er uns immer zur Hand geht, wenn er am Wochenende seinen Sohn besucht.“ Sie selbst war auch sofort dabei, als sie im Mai vergangenen Jahres einen Zettel aus ihrem Briefkasten fischte. Zwei Anwohner aus der Nachbarschaft beklagten den schlechten Zustand „unseres Parks“; sie wollten etwas tun. Anfangs habe sie sich anhören müssen, dass es die Initiative nicht lange geben werde, sagt Gertraud Schmidt. „Wer macht denn auf Dauer freiwillig immer den Dreck anderer weg?“, wurde sie gefragt.

Diese Fragen stören auch Gero Winiarski vom „Weihenstephaner“ und Selman Maher vom Restaurant „Barist“ nicht mehr. Ihr Argument liegt auf der Hand: Wenn der Platz vor ihren Läden am Hackeschen Markt sauber ist, ist das gut für das Geschäft. Deshalb haben Winarski, Maher und vier andere Geschäftsleute einen Rentner eingestellt, der auch am Wochenende Zigarettenkippen und Kronkorken zusammenkehrt.

Marc Neller

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