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Die S-Bahn stand dieses Jahr schon öfters still, zum Beispiel wegen der wiederkehrenden Streiks. Doch sie wird auch von einem überflüssigen Bauteil ausgebremst.

© Lukas Schulze/dpa

Schäden am Drehgestell: Überflüssiges Bauteil bremst S-Bahn aus

Ein kleines, unsinniges Teil hat schon 46 Doppelwagen der S-Bahn Berlin außer Betrieb gesetzt. Die müssen aber noch bis 2024 halten.

Das verflixte Ding ist nicht einmal fünf Zentimeter lang. Kaum zu sehen in dem großen Drehgestell, dem „Fahrwerk“ für Züge, in das auch der Motor integriert ist. Und das unscheinbare Teil ist auch noch völlig überflüssig. Trotzdem ist es zu einem Riesenproblem für die S-Bahn geworden. Es führt zu Rissen im Rahmen der Drehgestelle. Im April mussten deshalb bereits 14 Doppelwagen abgestellt werden, inzwischen dürfen 46 nicht mehr fahren und fehlen dem Betrieb. Erst im Herbst 2016 soll es besser werden.

Betroffen sind, wie berichtet, Züge der Baureihe 480, die in den 1980er Jahren für die BVG gebaut worden waren, die von 1984 bis 1994 im Westteil der Stadt auch für die S-Bahn zuständig war. Den sogenannten „Längsanschlag“ gebe es bei keiner anderen Baureihe, sagte Karsten Kießling bei einer Werksbesichtigung im Bombardier-Werk in Siegen. Kießling betreut die dort gebauten Drehgestelle nach Ablauf der Garantie. Sie waren, als das Werk noch zur Waggon Union gehörte, die ihren Sitz an der Miraustraße in Reinickendorf hatte, in Siegen entwickelt worden. Heute ist Siegen das Zentrum für Drehgestelle im Bombardier-Konzern.

Alle Drehgestellte sollen saniert werden

Inzwischen haben die Teile noch andere Schwachstellen. Deshalb habe die S-Bahn Anfang des Jahres mit Bombardier vereinbart, alle Drehgestelle der Baureihe 480 in Siegen sanieren zu lassen, sagte Tobias Fischer, zuständig für die Instandhaltung der S-Bahnen. Der S-Bahn fehlten dafür die Anlagen. Von den Rissen im Rahmen, die bei einer routinemäßigen Kontrolle per Augenschein im Frühjahr entdeckt worden waren, sei man allerdings böse überrascht worden.

Beim Überholen der tonnenschweren Teile, die per Lastwagen zum Werk und zurück transportiert werden, entfernt man nun die überflüssigen „Längsanschläge“, die nach Kießlings Angaben eine Hilfe bei der Wartung sein sollten. Einfach sei dies nicht; es sei wie eine Operation am offenen Herz. Für die Schweißarbeiten auch an den anderen schadhaften Stellen, habe Bombardier extra Spezialisten eingestellt, die vorher zeigen mussten, dass sie ihr Handwerk beherrschen, sagte der Leiter des Service-Bereichs, Thorsten Linke. Wöchentlich soll ein Doppelwagen fertig werden.

Doppelwagen müssen noch bis 2024 fahren

Die Baureihe sollte ursprünglich Ende 2017 ausgemustert werden – wie auch die für die Reichsbahn gebaute Reihe 485. Da der Senat den Kauf neuer Züge verbummelt hat, müssen beide Reihen mit zusammen 150 Doppelwagen nun noch bis mindestens 2024 durchhalten. Je Reihe sind dafür etwa 25 Instandhaltungsmaßnahmen erforderlich. Die Kosten sind mit 140 Millionen Euro veranschlagt. Die Drehgestelle sind mit 5,5 Millionen Euro dabei.

Ausfälle bei der S-Bahn gibt es nicht nur wegen der "Längsanschläge" bei den Zügen der Baureihe 480. Auch baustellenbedingt fallen Verbindungen aus, denn die S-Bahn nutzt die Ferienzeit und funktioniert sie um zur Baustellenzeit. Mehr zum Thema S-Bahn Berlin lesen Sie auf unserer Sonderseite: tagesspiegel.de/s-bahn

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