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Kritik an Verordnung: Polizei muss künftig für das Parken zahlen

Wenn die Polizei künftig nicht gerade einen Blaulicht-Einsatz hat, muss sie für das Parken ein Ticket ziehen. "Ein Wahnsinn", finden viele Beamte. Auch die Gewerkschafter sind empört.

Wer demnächst mal wieder gefühlt viel zu lange auf die Polizei wartet, sollte nicht gleich schimpfen. Die Wahrscheinlichkeit ist nämlich groß, dass die Beamten zwar schon da sind, aber gerade einen Parkplatz suchen, oder Kleingeld – oder beides. Denn für die Polizei gilt nun endgültig die offizielle Anweisung, dass für alle Polizeifahrzeuge, egal ob Funk- oder Zivilwagen, in Parkraumzonen ein Ticket am Automaten gezogen werden muss. Ausgenommen sind „Eilaufträge“, also wenn die Polizei mit Blaulicht unterwegs ist, etwa weil flüchtige Kriminelle gejagt werden oder Gefahr in Verzug ist.

„Wahnsinn“ nennt das ein Beamter, der regelmäßig Funkwagen fährt. In der Praxis sähe der kommende Einsatz, zum Beispiel die Spurensicherung nach einem Kellereinbruch, so aus: Der Polizist fährt zum Tatort, sucht – wenn es schlecht läuft – vielleicht 20 Minuten einen Parkplatz. Dann kramt er nach Kleingeld, das er laut der Geschäftsanweisung dabei haben muss („...sind ausreichend geeignete Barmittel zur etwaigen Gebührenverauslagung mitzuführen). Er füttert den Parkscheinautomaten, muss dabei ungefähr im Kopf haben, wie lange die Ermittlungen dauern werden. Wenn er Pech hat, ziehen sie sich hin, dann muss er mittendrin den Spurensicherungspinsel fallen lassen und „nachfüttern“. Am Ende sammelt er jeden einzelnen Beleg, bis er am Monatsende alle Bons herauskramt, einen Vordruck für „Auslagen-Ersatz“ ausfüllt, den er bei der Reisenkostenstelle einreicht. Ein paar Wochen später hat er dann sein ausgelegtes Geld wieder auf dem Konto.

„Was machen wir, wenn wir eine überführte Taschendiebin im Klamottenladen sitzen haben und dort überprüfen? Das kann dauern, vor allem wenn die Verdächtige kaum Deutsch spricht. Rennt dann zwischendrin ein Kollege zum Automaten, um Münzen nachzuwerfen?“, fragt ein Polizist. Er hat bereits überschlagen: In seinem Innenstadtbereich gibt es fast nur Parkraumzonen. Acht bis zwölf Aufträge pro Schicht, da kämen pro Tag mindestens zehn Euro für Tickets zusammen. Pro Monat ergäbe sich ein stattliches Sümmchen. „Wenn wenigstens die betreffende Polizeidirektion eine pauschale Summe zur Verfügung stellen würde. Aber wir müssen das Geld selbst auslegen. Ungerecht“, findet er.

„Ein Irrsinn, das ist völlig krank“, sagt auch Detlef Herrmann von der Gewerkschaft der Polizei. Die Geschäftsanweisung gilt zwar schon seit Herbst 2011, aber wegen scharfer Kritik hatte die Behörde noch versucht, mit dem Senat eine „Problemlösung“ herbeizuführen. Erfolglos. Am Mittwoch ging ein Rundschreiben an alle Dienststellen, dass die „Gebührenpflicht in Parkraumbewirtschaftungszonen“ gilt. Kritiker monieren: „Es wird eine effiziente und bürgernahe Polizei auf der Straße gefordert und nun passiert das Gegenteil: Noch mehr Bürokratie, weil die Beamten an den Schreibtisch gebunden sind, um ihre Abrechnungen zu machen, anstatt auf der Straße präsent zu sein.“ Auch Michael Böhl vom Bund Deutscher Kriminalbeamter ist enttäuscht. Der bürokratische Aufwand gehe zulasten der Steuerzahler. „Eine Nullnummer.“

Unter den Beamten, die künftig besonders betroffen sein werden, weil ihre Abschnitte in Zonen mit Parkraumbewirtschaftung liegen, wurde bereits besprochen, dass „man lieber ein Knöllchen kassiert, als ständig während der Ermittlungen an den Parkscheinautomaten zu denken“. Zudem bestehe eine weitere Gefahr: Wenn künftig die Mitarbeiter des Ordnungsamtes Funkwagen aufschreiben, „gibt es Krieg“, ist zu hören. Denn dann würden sich die Polizisten mal genauer die Autos des Ordnungsamtes anschauen.

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