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Berlin: Schilderklau: Mit Halteverbot gegen Terrorkommandos

Mit dem Schraubenschlüssel wehren sich Anlieger der Wöhlertstraße in Mitte gegen das absolute Halteverbot in ihrer Straße. Denn vor zwei Monaten hat die Palästinensische Delegation dort ihre Berliner Außenstelle eröffnet.

Mit dem Schraubenschlüssel wehren sich Anlieger der Wöhlertstraße in Mitte gegen das absolute Halteverbot in ihrer Straße. Denn vor zwei Monaten hat die Palästinensische Delegation dort ihre Berliner Außenstelle eröffnet. Postwendend kam vom Bundeskriminalamt die Anweisung, auf beiden Seiten der Straße ein absolutes Halteverbot einzurichten. Seitdem wurden dort mehrfach die blau-roten Schilder von empörten Autofahrern abmontiert. Denn hundert Meter Halteverbot bedeuten 20 Parkplätze weniger, und die sind in der Wöhlertstraße knapp. Doch immer wenn nächtens zur Selbsthilfe gegriffen wurde, ruft die Polizei am nächsten Morgen das Tiefbauamt an und ordert neue Schilder.

Eine Sprecherin der Polizeidirektion 3 bestätigte den Schilderklau: "Ab und zu fehlen die morgens." Doch das Sicherheitsbedürfnis der Palästinenser geht wegen der explosiven Lage im Nahen Osten vor. Seit dem 27. Dezember ist die Wöhlertstraße ein "Sicherheitsbereich", sagt die Polizeisprecherin. An diesem Tag eröffnete die Außenstelle der Palästinensischen Delegation. Das Halteverbot gilt seitdem rund um die Uhr auf der ganzen Länge des Eckhauses an der Wöhlertstraße. Das ärgert die Anwohner der Seitenstraße an der Chausseestraße gegenüber dem früheren Stadion der Weltjugend immens.

Wieso die Polizei auf einmal regelmäßig patrouilliert und die Verkehrsschilder aufgestellt wurden, war den Anwohnern schnell klar geworden. Denn anfangs stand der Name des Palästinenserführers Abdullah Frangi unverschlüsselt an Briefkasten und Klingel in der Wöhlertstraße 1. Offensichtlich auf Druck der Sicherheitsbehörden wurde der Name Frangis ausgetauscht gegen "Delegation Palästina". Die Außenstelle selbst wollte gestern keine Stellung zu den Sicherheitsvorkehrungen nehmen - und natürlich auch nicht sagen, ob Frangi selbst dort wohnt. Doch die geringe Bewachung des Hauses - in gewissen Abständen fährt eine Polizeistreife vorbei - spricht dagegen. Denn der Leiter der palästinensischen Delegation in Deutschland ist seit 1998 auch Mitglied im Zentralrat der PLO.

Wichtige Botschaften werden deshalb rund um die Uhr von der Polizei bewacht. "Dafür hätten wir gar kein Personal", sagte die Polizeisprecherin. Halteverbote vor gefährdeten Häusern sind Standard, erst bei höheren Sicherheitsstufen wird die Fahrbahn mit massiven Betonpollern blockiert. So sind zum Beispiel die Jüdischen Gemeindebüros an der Joachimstaler Straße in Charlottenburg gesichert. Halteverbot und Betonpoller sollen verhindern, dass Attentäter Autos mit Sprengstoff dort abstellen. Deshalb werden Autos, die das Verbot missachten, ganz schnell abgeschleppt. Anwohner klagen, dass selbst spät nachts die Abschleppwagen kommen. In der Nacht zu Mittwoch sollen gleich zehn Wagen auf einmal weggeräumt worden sein. "Alle ein bis zwei Stunden fahren die hier durch mit dem Kranwagen", ärgert sich ein Anwohner. "Das ist nun einmal der Sinn eines Sicherheitshalteverbotes", kommentierte die Polizeisprecherin der Direktion 3. Etwa stündlich fährt die Polizei Streife vor dem Gebäude.

"Die Länge des Sicherheitsbereiches legt das BKA fest", sagte ein patrouillierender Wachschützer gestern. Besonders streng wird der frisch sanierte Altbau also nicht bewacht. Sogar die Tür stand gestern Nachmittag offen. Um die aber wollte sich der Wachschützer nicht kümmern. "Dafür bin ich nicht zuständig", sagte er. "Wir machen nur, was das BKA anordnet und fahren das Haus ab und zu an." Nur drei Minuten später bog der Objektschützer, nachdem er die Adresse auf seiner Liste abgehakt hatte, mit seinem weiß-grünen Polizeiwagen in die Chausseestraße in Richtung Wedding ab.

Nicht nur Autofahrer müssen hinter den Sicherheitsbedürfnissen von Botschaften in Berlin zurückstehen. In der Oranienburger Straße vor der Jüdischen Synagoge wurde den benachbarten Restaurants verboten, Tische und Stühle auf dem Gehweg aufzustellen. An der amerikanischen Botschaft in der Neustädtischen Kirchstraße, ebenfalls im Bezirk Mitte, müssen sich Passanten an Metallzäunen vorbeidrängeln. Je nach weltpolitischer Lage stehen mehr oder weniger Mannschaftswagen der Polizei dort, sogar Räumpanzer sind häufig zur Abschreckung aufgestellt.

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