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Berlin: Schlagabtausch mit Augenzwinkern

Von Brigitte Grunert Junge Leute der Initiative „Entwicklungspolitischer Ratschlag“ tanzen frühmorgens vor Beginn der großen Haushaltsschlacht durch die Halle des Preußischen Landtages. Auf ihre Weise machen sie „Theater“: „Eene meene Miste, es rappelt in der Kiste.

Von Brigitte Grunert

Junge Leute der Initiative „Entwicklungspolitischer Ratschlag“ tanzen frühmorgens vor Beginn der großen Haushaltsschlacht durch die Halle des Preußischen Landtages. Auf ihre Weise machen sie „Theater“: „Eene meene Miste, es rappelt in der Kiste. Eene meene mank, das Geld hat schon die Bank. Eene meene muh, ich dreh den Geldhahn zu.“ In der Wandelhalle plaudert der CDU-Chef und Parlamentsvizepräsident Christoph Stölzl philosophisch über die „Geldillusion“. Das Geld ist „nur ein Fetzen Papier, durch nichts gedeckt“.

Die stundenlange Generalaussprache im Plenarsaal über den mehr als 20 Milliarden Euro schweren Doppelhaushalt 2002/03 zeigt, dass auch rhetorisch Schmalhans Küchenmeister ist. CDU-Fraktionschef Frank Steffel hält eine Oppositionsrede nach dem Motto: feste druff. Der Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) habe „Berlin schlecht geredet“, das „Bild einer konkursreifen Stadt“ gezeichnet, Streiks, Demonstrationen und Ängste ausgelöst und eine „Bankrotterklärung“ vorgelegt, eine „Schreckensbilanz“, einen unseriösen Haushalt mit Risiken über 600 Millionen Euro. –„Party und Show statt Inhalt und Überzeugung“.

Steffel macht Stimmung bei der Union. Dafür verbreitet sein SPD-Kollege Michael Müller auf die seriöse Art Langeweile. „Hören Sie endlich auf, allen alles zu versprechen“, ruft er Steffel zu. Den Ruf nach Visionen hält er für eine „Flucht aus dem harten politischen Alltagsgeschäft“. Der Sparkurs sei alternativlos. Aber – keine Müller-Rede ohne Bekenntnis zur Sozialpolitik – am „Ziel der sozialen Stadt“ halte man „unverrückbar fest“. Auch das Bekenntnis zur Bildungspolitik und zur Fusion mit Brandenburg darf nicht fehlen.

FDP-Fraktionschef Martin Lindner hat zu allerlei Stichworten etwas zu sagen. Skandalös findet er die 180 Millionen für das Rosa-Luxemburg-Denkmal, während niemand wisse, wohin die kulturpolitische Reise gehe und das Straßenbild von „Schlaglöchern und Müllhalden in versiegten Brunen“ geprägt sei. Rigoros mahnt er betriebsbedingte Kündigungen an, doch da sei Harald Wolf von der PDS vor. „Das reicht vielleicht für gefühlte 18 Prozent, aber nicht für reale“, höhnt er. Wolf gibt den Dialektiker. Der CDU wirft er die Kritik an Kürzungen vor, denen doch die CDU schon als Regierungspartei zugestimmt hatte. Die CDU habe einen Berg von Altlasten hinterlassen. „Blühende Landschaften“ echot es aus dem Saal. Doch, so Wolf, vielleicht hätte man ja mehr Geld bei einer besseren Steuerpolitik der Bundesregierung zu Lasten der Reichen.

Auch der Grünen-Haushaltspolitiker Jochen Esser hat in einem Punkt Recht. Von der Haushaltssanierung ist man weit weg. Trotz der Ausgabenkürzungen steigt die Neuverschuldung auf die Rekordhöhe von 6,3 Milliarden Euro allein für 2002 und entsprechend die Zinslast auf 2,5 Milliarden. Womit Esser beweisen will, dass der Etat verfassungswidrig sei und warum die Grünen Bundeshilfen einklagen wollen.

In seiner Verteidigungsrede wirkt Klaus Wowereit zunächst emotional aufgeladen. Dann mahnt er Realitätssinn an: „Wer zusätzliche Lehrerstellen in leere Klassenzimmer stecken will, hat noch nichts begriffen.“ Merkwürdig, der Schlagabtausch gerät alles in allem recht zahm. Von Fraktion zu Fraktion wird augenzwinkernd gescherzt. Die Lage ist eben, wie sie ist.

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