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Berlin: Schlagende Argumente für einen ruhigen 1.Mai

An den Schauplätzen der Randale zeigt die Polizei Jugendlichen, wie es ist, angegriffen zu werden

Einmal in der „Grünen Minna“ sitzen, wenn ein Steineregen niedergeht. Das gehört inzwischen zum Standard in der polizeilichen Präventionsarbeit zum 1. Mai. Sich fühlen wie ein „Bulle“ hinter Fenstergitter, wenn draußen zum Sturm auf seinen Blechpanzer geblasen wird. Jetzt sitzt ein Teil der 9. Klasse der Gustav-Eiffel-Oberschule in dem verbeulten Mannschaftswagen der Polizei. Der andere Teil klopft mit den Händen auf die Blechhaut. Ziemlich lahm, findet Werner, 15 Jahre alt. Mit dem Schub seines massigen Körpers prallt seine Faust ins Blech und hinterlässt eine weitere Beule.

„Und, Chef, dit war ’ne Bombe, wa?“ Der Chef, Dirk Lochau vom Antikonfliktteam der Polizei, kann da nur resigniert beipflichten. „Eine Hand ist keine Faust“, heißt ironischerweise die neue Initiative, die Lochau gerade der Presse vorstellt. Lochau findet, dass die Initiative eine „sehr, sehr gute Idee ist“. Werner ist da dezidiert anderer Meinung. „Dit bringt doch jar nischt. Dit weeß ick doch allet.“ Werner ist 1.-Mai-erfahren. Sein Einsatzschwerpunkt: Kreuzberg.

Das neue Anti-Gewalt-Programm hat sich Andreas Berger ausgedacht, Präventions-Beauftragter im Polizei-Abschnitt 15. Seine Wache liegt gegenüber dem Mauerpark, in dem sich jedes Jahr die Walpurgisnacht-Randale abspielt. Bis zum 30. April wollen Berger und seine Kollegen 30 Schulklassen zeigen, wie sich die Ausschreitungen aus Sicht der Polizei abspielen. Es gibt eine Ausstellung mit Randale-Fotos, einen Film mit Randale-Szenen und eine kurze Führung zu den Randale-Schauplätzen im Mauerpark.

Beim Film lachen ein paar Jungs, als die Polizisten in der Wanne mit Steinen beworfen werden. Lochau erzählt dann, wie es ist, wenn man selbst so einen Stein abbekommt. Die hartnäckige Einbildung, Randale sei Spaß, soll als Trugbild entlarvt werden. Locher ist optimistisch, dass die Botschaft ankommt. Rund 1000 Schüler werden durch das Präventionsprogramm geschleust. Es gehe nicht darum, potentielle Steinewerfer zu bekehren, sondern die Masse der Krawallzuschauer für die Arbeit der Polizei zu sensibilisieren, sagt Christian Matzdorf, der den Einsatz am 1. Mai mit vorbereitet. Zuschauer bieten den Krawallmachern eine ideale Deckung.

Andreas und Michael, 16 Jahre alt, finden die Exkursion zur Polizei „toll“. Sie interessieren sich besonders für das ausgestellte Waffenarsenal, wollen mit Gewalt aber nichts zu tun haben. In der Walpurgisnacht werden sie in ihrer Stammkneipe ein paar Bierchen zischen – „ganz gesittet“.

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