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Berlin: Schlechte Zeiten für Raser und Drängler

Seit Sonntag gilt der neue Bußgeldkatalog – Verkehrssünder müssen nun draufzahlen. Wie stark Berlins Haushalt profitiert, ist unklar.

Der Mann hat richtig Geld gespart. Mit 81 Stundenkilometern ist ein 52-jähriger Autofahrer am Samstagabend von der Polizei in der Schöneberger Kleiststraße geblitzt worden – erlaubt waren 50. Weil er noch vor Mitternacht aus dem Verkehr gezogen wurde, muss er nun 100 Euro Strafe zahlen, einen Monat Fahrverbot und drei Punkte in Flensburg einkalkulieren. Wäre er nach 0 Uhr kontrolliert worden, hätte er mehr zahlen müssen: Denn seit Sonntag gilt der neue Bußgeldkatalog. Nach dem wären 160 Euro fällig, am Fahrverbot und an den Punkten hätte sich dagegen nichts geändert.

Wie berichtet, kosten gravierende Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung seit dem 1. Februar deutlich mehr als bislang. Eine Überschreitung des Tempolimits wird innerorts mit 80 bis 760 Euro (bisher 50 bis 425 Euro) und außerorts mit 70 bis 600 Euro (bisher 40 bis 375 Euro) bestraft. Wer die Vorfahrt missachtet, muss 100 statt 50 Euro berappen. Wer im Straßenverkehr drängelt oder zu dicht auffährt, zahlt nun 400 statt bisher 250 Euro.

Bei Drogen oder Alkohol am Steuer verdoppeln sich die Strafen: Beim ersten Vergehen sind jetzt 500 Euro fällig, beim zweiten 1000, beim dritten 1500 Euro.

Nach Angaben des Bundesverkehrsministeriums sollen durch die Anhebung „das Abschreckungspotenzial und damit die Verkehrssicherheit erhöht“ werden. Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) hatte im vergangenen Jahr von den Ländern mehr Kontrollen gefordert. „Der Bußgeldkatalog wirkt nur, wenn genügend Polizisten zur Verfügung stehen“, hatte der Minister gemahnt. Die Automobilclubs ADAC, VCD und ACE hatten die Erhöhung grundsätzlich begrüßt, jedoch ebenfalls mehr Überwachung gefordert. Mit einer weiteren Verstärkung der Kontrollen ist in Berlin wegen der hohen Arbeitsbelastung der Polizei allerdings nicht zu rechnen, hieß es. Bereits 2007 hatte die Polizei in einem personellen Kraftakt die Kontrollen deutlich erhöht gehabt.

Unklar ist, wie stark der Berliner Haushalt von dieser Bußgelderhöhung nun profitieren wird. Dann das Gros der Knöllchen sind kleine Delikte wie Falschparken – dort ändert sich nichts. So erhöht sich das Bußgeld bei Tempoverstößen erst ab einer Überschreitung von 21 Stundenkilometern – doch solche Verfehlungen werden in der Stadt seltener geblitzt als auf der Landstraße.

Wenn das Land Berlin über die Polizei wirklich Geld eintreiben wollte, wären stationäre Geschwindigkeitsmessgeräte sinnvoll. Die kosten pro Stück einmalig 40 000 Euro, lösen dann aber an Hauptverkehrsstraßen ständig aus – ohne hohe Nebenkosten. Jedes der vier im Jahr 2006 montierten stationären Blitzer brachte dem Finanzsenator im Jahr 2007 durchschnittlich 732 000 Euro ein. Zahlen der Bußgeldeinnahmen für 2008 liegen noch nicht vor. Am profitabelsten ist der Starenkasten in der Frankfurter Allee. Doch mehr solche Anlagen will die Polizei nicht aufstellen – sie profitiert schließlich nicht von den Einnahmen: Auch bei der jüngsten Anhebung der Bußgelder hatten die Bundesländer eine Zweckbindung eines Teils der Bußgeldeinnahmen für Prävention und  Verkehrssicherheit strikt abgelehnt. Die Knöllchen-Einnahmen werden auch weiterhin in den Berliner Haushaltstopf fließen.

Im Jahr 2007 waren die Einnahmen mit 53,4  Millionen Euro erstmals seit mehreren Jahren signifikant gestiegen. In den Jahren zuvor kamen maximal 49 Millionen Euro zusammen. Die Zunahme 2007 verdankt der Finanzsenator vor allem den vier fest installierten Tempo-Blitzern.

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