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Schlosswiese

© ddp

Schloßplatz: Auf der grünen City-Wiese

Wo ein Palast war und künftig ein Schloss hin soll, kann man jetzt sonnenbaden, spielen – oder grübeln.

Wie bestellt läuten Punkt zwölf die Glocken vom Dom, als die ersten Besucher, zögerlich noch, über hellbraune Holztreppen von der Karl-Liebknecht-Straße auf die Rasen-Bolz-Spiel-Siesta-und-Picknick-Wiese kommen. Das Gelände, auf dem bis vor kurzem die letzten Reste vom Palast der Republik gestanden hatten, ist seit gestern Berlins neue innerstädtische Grünanlage: ein Zentralpark zwischen Spree, Kupfergraben, Marstall und Dom – eine Erholungslandschaft mit dem sattesten Rasenteppich, den die Stadt derzeit zu bieten hat. Vielleicht ein zweiter „Platz der Republik“, mit dem einladenden Lustgarten als Veranda gleich nebenan.

Senatsbaudirektorin Regula Lüscher gerät ins Schwärmen, wenn sie über dieses neue hektargroße Sonnendeck am (nun wirklich) grünen Strand der Spree spricht: „Wir erleben, wie die Schifffahrt an uns vorüberzieht und man dabei auch schon ein wenig Fernweh haben kann.“ Tatsächlich sieht, wer auf der 200 Meter langen Bank sitzt (die quasi die Vorderfront vom nicht mehr anwesenden Palast der Republik markiert), nurmehr die Oberdecks der Ausflugsschiffe vorübergleiten; je näher man der Spree kommt, desto schneller löst sich das Rätsel um den lautlosen Schiffsbetrieb inmitten der Stadt.

Ursprünglich sollte auf der Fläche ausgesäter Rasen sprießen, aber die Saat wollte wegen des Winters nicht pünktlich zur Touristensaison aufgehen. So entschloss man sich spontan für frischen Rollrasen – was 100 000 Euro teurer war. Nun kostet die Grünanlage 1,4 Millionen, zwei Drittel davon trägt der Bund, ein Drittel das Land. „Die Stege bestehen aus unbehandelten europäischen Lärchenbrettern, sie sollen wie ein Provisorium wirken und an ein hölzernes Baugerüst erinnern“, sagt Gero Heck von der Landschaftsarchitektenfirma „relais“. Nach dem Beräumen der Fläche und dem Entfernen der Asphaltdecke wurde das Areal abgesenkt, so dass die 2,50 Meter breiten Holzstege etwa 30 Zentimeter über dem Gelände schweben. Das für die Verfüllung der ehemaligen „Wanne“, in der der Palast der Republik ruhte, notwendige Material wurde mit einer leichten Neigung Richtung Spree modelliert. Die Uferkante erhielt so eine Promenade, die mit einer hölzernen Brüstung gesichert ist. Auf der neuen grünen Freifläche darf man alles, außer Radfahren und Grillen. Sonnenbaden ist angesagt, Ballspielen oder Grübeln – vielleicht auch, ob dieses bis Ende 2010 geplante Provisorium nicht sinnvoller ist als eine Dauerbaustelle für die 552 Millionen Euro teure Betonkopie eines Schloss- klotzes aus ferner Vergangenheit.

Im Moment erinnern nur ein paar Stützwände an jenes Gebäude, das hier gerade weggeschafft wurde. Wer der unschuldigen Grünfläche misstraut, sollte sich die Bildtafeln hinter dem Gelände anschauen. Da erfährt er eine Menge über die Geschichte dieses Ortes, der Berlins Mitte noch spannender macht, als sie sowieso schon ist. Lothar Heinke

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