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Berlin: Schnaps und Prügel

Ein 18-Jähriger soll seine zweijährige Stieftochter misshandelt haben. Die Mutter nimmt ihn in Schutz

Die Mutter klingt fast patzig: „Ich kann Ihnen doch nicht sagen, was passiert ist“, fährt die 18-Jährige den Richter an. Es war der Zeugin spürbar unangenehm über den Tag zu reden, an dem ihre knapp zweijährige Tochter schwer verletzt ins Krankenhaus kam. „Als ich in die Wohnung kam, saß Angie im Bett und hatte lauter blaue Flecken im Gesicht.“ Doch anders als die Staatsanwaltschaft sieht sie keinen Anlass, bei ihrem Lebensgefährten die Schuld für die schweren Verletzungen zu suchen.

Der 18-jährige Christian L. muss sich seit gestern wegen roher Misshandlung der Tochter seiner Lebensgefährtin verantworten. Er soll dem kleinen Mädchen am frühen Nachmittag des 3. Januar Pfefferminzschnaps eingeflößt haben. Einige Stunden später waren er, Mutter und Kind in einer Kneipe in Weißensee. Als Angie quengelte, soll Christian L. das Mädchen nach Hause gebracht und dort geschlagen haben. Angie kam am Abend mit schweren Kopfverletzungen ins Krankenhaus.

Der junge Angeklagte schwieg. Bei der Polizei soll er von einem Unfall gesprochen haben. Angie sei vermutlich aus dem Bett gefallen. Ein Gutachterin kam zu einem anderen Ergebnis. „Die Intensität der Verletzungen lässt einen Verdacht auf eine Sturzverletzung gar nicht aufkommen“, erklärte sie. Angie war bereits zwei Tage in der Klinik, als die medizinische Sachverständige das Kind sah. „Das Mädchen hatte ein tief dunkel-violettes Gesicht mit Einblutungen“, sagte die Ärztin.

Am fraglichen Nachmittag waren auch Bekannte von Christian L. – zwei junge Frauen und ein gleichaltriger Kumpel – in der Wohnung. Sie sagten nun, dass sich ihr Freund „ganz gut“ um Angie gekümmert habe. Er, der zweieinhalb Monate zuvor mit der Mutter des Kindes zusammengezogen war, habe Essen gemacht und mit der Kleinen gespielt. Eine der Frauen aber sagte auch, dass Christian dem Mädchen Pfefferminzschnaps gegeben habe. „Das war echt nur ein kleiner Schluck“, sagte die Zeugin. Das Kind habe den Schnaps getrunken und „grimmig“ geguckt.

Als Angies Mutter, damals noch Schülerin, nach Hause kam, hat Christian von dem Schnaps erzählt. „Ich habe dir doch gesagt, du sollst es nicht mehr machen“, soll Angies Mutter entgegnet haben. Vor Gericht sagte die junge Mutter nichts davon. Sie nahm auch ihren Freund in Schutz: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass er Angie geschlagen hat.“ Der wegen Körperverletzung vorbestrafte Christian L. befindet sich derzeit in Untersuchungshaft. Angie lebt bei einer Pflegefamilie. Der Prozess wird am kommenden Montag fortgesetzt.

Kerstin Gehrke

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