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Berlin: Schönbohms sehr kleiner Dienstweg

Thorsten Metzner

Angriff ist die beste Verteidigung. Dass diese Feldherrenregel nicht immer gilt, muss jetzt Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm ertragen. Er steht weiter in der Kritik, weil er im September 2002 seinem CDUParteifreund Wolfgang Fürniß, den damaligen Wirtschaftsminister, sofort über gerade gegen diesen eingeleitete Geldwäsche-Ermittlungen informierte. Bemerkenswerterweise hat Schönbohm – das wird in der CDU bestätigt – selbst dafür gesorgt, dass der Vorgang gerade jetzt publik wurde. Das Kalkül dahinter? Klar, der Christdemokrat will Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) bei der Wahl im September stürzen. Es lag im Interesse der CDU, diese Altlast aus der Fürniß-Affäre rechtzeitig zu entsorgen, damit sie nicht zur Unzeit herauskommt und Schönbohm im Wahlkampf gefährlich werden könnte.

So weit, so clever. Trotzdem hat Schönbohm die Gefahr unterschätzt. Denn die Präventiv-Operation scheint außer Kontrolle zu geraten. Was nicht allein an den Versuchen von SPD und PDS liegt, Kapital daraus zu schlagen: Zu groß sind einfach die Ungereimtheiten und Widersprüche. Gewiss, der strafrechtliche Vorwurf des „Geheimnisverrats“ gegen Schönbohm lässt sich nicht aufrechterhalten. Aber gelten für Minister nicht auch andere als juristische Maßstäbe? Gerade Schönbohm, der wertkonservative Preuße und korrekte Staatsdiener alter Schule im Kabinett, legt sonst darauf den allergrößten Wert.

Noch einmal die Fakten: Da gehen auf dem Privatkonto jenes Wirtschaftsministers Fürniß, der gerade mit Scheichs aus dem Emirat Dubai über eine Chipfabrik in Frankfurt (Oder) verhandelt, 1,5 Millionen US-Dollar ein. Der Absender: eine arabische Bank. Weil Fürniß’ Erklärungen zur Herkunft des Geldes nicht plausibel sind – angeblich hatte er Unternehmensanteile verkauft, was sich später als unwahr herausstellt – schickt seine Bank eine Geldwäsche-Anzeige an das Landeskriminalamt (LKA). Ganz diskret, so will es das Gesetz.

Nun aber hat LKA-Direktor Axel Lüdders nichts Eiligeres zu tun, als den Innenminister einzuschalten – als Boten, damit dieser seinen Kabinettskollegen und Parteifreund mit der ominösen Million auf dem Konto „um Kooperation“ mit den Ermittlern ersucht. Am Tag nach der Anzeige. Zu einem Zeitpunkt, als noch nicht einmal die Staatsanwaltschaft informiert war, konnte Fürniß alles unternehmen, um den Schaden zu begrenzen – dank Schönbohms Vorab-Information. Sehen so professionelle Ermittlungen ohne Ansehen der Person aus?

Selbst wenn die offizielle Version stimmt, machen die Polizei und ihr oberster Dienstherr darin keine gute Figur. Und schließlich: Warum hat der Vize-Regierungschef Schönbohm trotz der Brisanz nicht auch den Ministerpräsidenten umgehend informiert? Es sind zu viele Merkwürdigkeiten, als dass Schönbohm schon das Ende dieser Affäre ausrufen könnte.

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