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Berlin: Schönheit hat ihre Preise

So viele Auszeichnungen auf einmal gab es noch nie: In Neukölln wurden die hübschesten Berlinerinnen im Stundentakt gekürt

Jeannette Bremer ist im Stress. Gerade wurde die 20-Jährige zur schönsten Berlinerin gewählt – jetzt muss sie ganz schnell aus der Umkleide raus. Die nächsten Kandidaten wollen sich umziehen, in zwanzig Minuten beginnt ihr Wettbewerb, eine zweite Miss-Wahl: Gesucht wird wieder die schönste Berlinerin.

Was am Sonnabend in den Neuköllner Gropius-Passagen vor sich geht, hat es in Deutschland bisher nicht gegeben: Drei konkurrierende Veranstalter von Schönheits-Wettbewerben führen nacheinander auf derselben Bühne ihre Berliner Vorentscheide durch. Normalerweise gehen sich die Miss Germany Corporation (MGC), die Miss Germany Organisation (MGO) und Model of the World aus dem Weg, heute müssen sie sich arrangieren. Wie berichtet, hat ihnen der Center-Manager der Gropius-Passagen erst nach Vertragsunterzeichnung erzählt, dass er auch die Konkurrenz eingeladen hat.

Die Idee des Managers funktioniert: Schon am Vormittag haben sich hunderte Männer, aber auch viele junge Frauen vor der Bühne im Einkaufszentrum versammelt, alle Plastikstühle sind besetzt. Ordner müssen aufpassen, dass die Zugänge zu den Rolltreppen frei bleiben. Viviane Günther von der MGC versucht, der ungewohnten Situation eine positive Seite abzugewinnen: „Jetzt sehen die Zuschauer auch mal, welche Qualitätsunterschiede zwischen den Wettbewerben bestehen.“ Angeblich wussten die Konkurrenz-Veranstalter am Vorabend noch nicht einmal, welche Frauen bei deren Wahl mitmachen würden, sagt Viviane Günther. „Das finde ich unseriös.“ Bei ihrer MGC mussten alle Teilnehmerinnen Stadtteil-Vorwahlen durchlaufen: Christin ist „Miss Spandau“, Jana „Miss Karlshorst“ und Angelique „Miss Hohenschönhausen“.

Dafür haben die Starterinnen bei „Model of the World“ bereits Laufstegerfahrung, manche wirken in ihren Bikinis fast wie hauptberufliche Models. Jeannette Bremer gefällt der Jury am besten: strohblonde Haare, Maße 91-60-90, lässiger Gang. „Eine würdige Siegerin“, findet Oliver Burghart von Model of the World. Und dass die anderen Veranstalter bestimmt froh wären, wenn sie auch so ein Talent in ihren Reihen hätten. Richtige Verlierer gibt es bei Burghart übrigens keine: Seine Organisation vergibt neben dem Sieger-Titel gleich noch Auszeichnungen für den „athletischsten Body“, das schönste „Cover Model“ und den Nachwuchspreis „Platinum Model“.

Wie die Zukunft einer Miss-Wahl-Gewinnerin aussehen kann, weiß Michaela Grauke. Die 22-jährige Spandauerin war schon „Miss Bikini Berlin“ und „Miss Internet Germany“. Heute sitzt sie in der Jury, während Vater Wolfgang umherläuft und ihre Autogrammkarten verteilt. Stolz erzählt er, dass Michaela bald auf dem Cover des amerikanischen „Penthouse“ zu sehen ist: „Als erste Deutsche!“ Dass es im nächsten Jahr wieder ein Zusammentreffen der verfeindeten Ausrichter gibt, ist eher unwahrscheinlich. Der Center-Manager der Gropius-Passagen würde sich zwar freuen – „aber das hängt natürlich davon ab, ob die drei Veranstalter erneut zusagen.“

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