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Berlin: Schreckschusspistolen: Waffenschein für Plagiate gefordert

Sie heißen wie ihre Vorbilder - "Walther PP", "Browning" oder "Colt" - und jeder, der über 18 ist, kann sie kaufen: Gas-, Schreckschuss- und Signalwaffen. Laut Gesetz dürfen diese "erlaubnisfreien" Revolver und Pistolen nur in Notwehr, Seenot oder bei Sportwettkämpfen eingesetzt werden.

Sie heißen wie ihre Vorbilder - "Walther PP", "Browning" oder "Colt" - und jeder, der über 18 ist, kann sie kaufen: Gas-, Schreckschuss- und Signalwaffen. Laut Gesetz dürfen diese "erlaubnisfreien" Revolver und Pistolen nur in Notwehr, Seenot oder bei Sportwettkämpfen eingesetzt werden. Die Plagiate sind aber auch bei Jugendgangs und Kriminellen verbreitet - zum Teil mit fatalen Konsequenzen. Bei dem Polizeieinsatz in Lichtenberg am Montagabend, bei dem die Polizei einen Täter erschoss, soll der Räuber auf der Flucht mit gezogener Schreckschusswaffe auf einen Polizisten zugelaufen sein. Ein zweiter Beamter dachte offenbar, der Revolver sei echt - und schoss.

Dass sich echte und Schreckschusswaffen kaum unterscheiden lassen, ist für die Beamten ein Problem. "Es ist tragisch, dass solche Waffen käuflich sind", sagt Klaus Eisenreich von der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Ohnehin sei die Hemmschwelle, bei Straftaten Waffen einzusetzen, gesunken. Bei 2259 Tatverdächtigen, gegen die 1999 ermittelt wurde, fand die Polizei eine Schusswaffe. Zieht jemand bei einer Festnahme eine Pistole, bleibt den Beamten meist nur wenig Zeit, richtig zu reagieren: "Sie müssen sekundenschnell entscheiden", sagt Eisenreich. Denn es kann um Leben und Tod gehen.

Nach den Schüssen vor dem Lichtenberger Supermarkt wurden, wie berichtet, zwei Mitglieder einer Bande festgenommen, denen eine Raubserie vorgeworfen wird. Die Polizei hatte das Telefon des später getöteten Mike L. abgehört und so von dem geplanten Überfall erfahren. Ein Spezialeinsatzkommando wurde in dem Supermarkt positioniert. "Wir sind bei der Anordnung der Observation davon ausgegangen, dass die Tatverdächtigen scharfe Schusswaffen haben", sagte Oberstaatsanwalt Victor Weber zwei Tage nach dem Einsatz. Ein waffenkundiger Zeuge habe nach einem früheren Überfall ausgesagt, einen echten Revolver in der Hand eines Täters erkannt zu haben. Und auch für den Polizisten, der später schoss, sei "nicht erkennbar" gewesen, ob es sich "um eine echte Waffe handelt oder nicht". Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalpistolen sollten nicht mehr so einfach für jeden zugänglich sein, fordert die Gewerkschaft der Polizei. Ein "kleiner Waffenschein" müsse herbei. Die Bundesregierung arbeitet zurzeit an einem Gesetzentwurf.

Neben der Bedrohung durch echte und vermeintliche Schusswaffen haben Polizisten es mit zunehmender Brutalität zu tun. Nur 130 vorsätzliche Angriffe auf Polizisten verzeichnet die Statistik für 1995, 231 waren es 1999. Das Spektrum reicht vom Abreißen des Dienstgradabzeichens über Fußtritte, Faustschläge, Würfe mit Steinen und Messern bis zu den Schüssen eines betrunkenen Autofahrers in Marzahn, durch die 1996 ein 34-jähriger Polizist umkam.

Auch die Bewaffnung von Tatverdächtigen mit Messern, Baseballkeulen oder Wurfsternen macht der GdP Sorgen. Gewalttätige, mit denen die Beamten bei Einsätzen konfrontiert sind, agierten immer kaltblütiger. "Früher wurde bei einer Kneipenschlägerei aufgehört, wenn jemand auf dem Boden lag. Heute wird zugetreten ohne Ende." Um die Polizisten zumindest vor Handgreiflichkeiten besser zu schützen, will das Abgeordnetenhaus nun Konsequenzen ziehen: Sie sollen mit Pfefferspray ausgerüstet werden.

tob

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