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Berlin: Schulsenator Klaus Böger - ein Politiker, der keine Politik macht (Kommentar)

In der Berliner Schulpolitik scheinen die Weichen gestellt: auf entschlossenen Stillstand. Bewegung wird mit Unruhe gleichgesetzt, und Unruhe ist unerwünscht.

In der Berliner Schulpolitik scheinen die Weichen gestellt: auf entschlossenen Stillstand. Bewegung wird mit Unruhe gleichgesetzt, und Unruhe ist unerwünscht. Der Verzicht auf die Differenzierung in der 5. und 6. Grundschulklasse - von Klaus Böger als nur vorübergehend deklariert - war der erste Beweis für die Maxime "Bitte nicht stören". Die Absage an das in der Koalitionsvereinbarung ausdrücklich als Alternative benannte Zentralabitur ist ein zweites, aber noch entlarvenderes Indiz für eine Politik der Ängstlichkeit. Eine zentrale Abiturprüfung könne, so hatte der Schulsenator dem Tagesspiegel sinngemäß gesagt, als Bekundung des Misstrauens gegenüber den Lehrern gewertet werden. Im Umkehrschluss bedeutet das, die Landesregierungen von Bayern, Baden-Württemberg, dem Saarland und vier weiteren Ländern trauten ihren Lehrern nicht. Dort gibt es bereits ein Zentralabitur oder es ist geplant. Um was geht es in Wirklichkeit? Wieder einmal um eine völlig verquere Vorstellung von Gerechtigkeit, die sich in der Realität ins Gegenteil verkehrt.

Wenn jede Schule ihre eigenen Abituraufgaben stellt, herrscht ein hohes Maß an Individualität. Jede Oberschule wählt sich die Prüfungen, die ihrem Profil am Nächsten kommen. Da die Fachlehrer im Rahmen des Lehrplanes einen gewissen Gestaltungsspielraum haben, wirkt dieses Verfahren besonders fair. Es ist aber, auf das gesamte Bundesland oder die gesamte Bundesrepublik projiziert, höchst unfair, denn es erlaubt keinerlei Leistungsvergleich zwischen den Schulen und den Schülern. Den aber muss es geben - nicht, weil man so die "faulste" oder "bequemste" Schule heraus finden kann - was freilich auch nicht uninteressant wäre. Sondern weil es in einem Land mit einem Mangel an Studienplätzen in vielen Fachbereichen Zugangsbeschränkungen zu den Hochschulen geben muss. Die aber orientieren sich an den Abiturnoten. Wenn jede Schule ihre eigenen Aufgaben erstellt, gibt es keine objektiven Wertungskriterien mehr. Die Verteilungsgerechtigkeit bleibt auf der Strecke. Durch das Zentralabitur wird sie hingegen garantiert. Ein Zentralabitur ist nicht gleichmacherisch. Auch in diesem Verfahren hat der Lehrer die Wahlmöglichkeit zwischen mehreren Aufgabenstellungen. Aber insgesamt sorgt die Vergleichbarkeit für mehr Transparenz.

Fernab der ideologisch eingefärbten Debatte wissen das natürlich auch alle Bildungspolitiker und stufen die im Zentralabitur erreichten Noten qualitativ höher ein. Und wer im benachbarten Ausland studieren möchte, wird erfahren, dass auch dort anspruchsvolle Universitäten ein baden-württembergisches oder ein bayerisches Abitur höher gewichten als eine in ..... abgelegte Reifeprüfung.

Gerd Appenzeller

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