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Berlin: Schuluniformen: So anziehend war noch kein Schulversuch

Schuluniformen stärken die Klassengemeinschaft und wirken dem Markenzwang entgegen - sagen die Befürworter. Sie sind altmodisch und tragen bei zur Gleichmacherei - lauten die Argumente der Gegner.

Schuluniformen stärken die Klassengemeinschaft und wirken dem Markenzwang entgegen - sagen die Befürworter. Sie sind altmodisch und tragen bei zur Gleichmacherei - lauten die Argumente der Gegner. Der Tagesspiegel will es genau wissen und startet anlässlich der aktuellen Diskussion in der Stadt einen Modellversuch. Schulsenator Klaus Böger (SPD) hält die Testreihe "für eine gelungene Initiative" - und ist "gespannt auf das Ergebnis". An den Schulen fand der Aufruf ein großes Echo: Dutzende von Klassen aus Berlin hatten sich um die Teilnahme beworben.

Der Aufruf startete Anfang März: Der Tagesspiegel sucht Klassen, die Lust haben, während der Unterrichtszeit eine einheitliche Kleidung zu tragen - und eine Firma, die die Textilien unentgeltlich bereitstellt. Es folgten unzählige Briefe, Faxe und Telefonate mit Schülern, Lehrern, Unternehmern. Nach ausführlichen Bewerbungsgesprächen entschieden wir uns für zwei Klassen mit unterschiedlichen Cliquen und ausgeprägtem Markenbewusstsein: die Klasse 8a des Willi-Graf-Gymnasiums in Steglitz (Lehrerin Marianne Strohmeyer) sowie die Klasse 10c an der Heinrich-Ferdinand-Eckert-Hauptschule in Friedrichshain (Lehrer Erich Beyler). Beide nehmen auch am Zeitungsprojekt des Tagesspiegels, "Klasse!", teil. Bei der Versuchsreihe, die bis zu den Sommerferien läuft, sollten verschiedene Altergruppen und Schultypen berücksichtigt werden.

"Ich glaube, dass die Klassengemeinschaft besser wird und niemand mehr wegen der Anziehsachen ausgeschlossen wird. Aber es wird auch Probleme geben. Immer das Gleiche anhaben ist auch nicht so toll", meint Corina aus der Test-Klasse 8a mit 26 Schülern. "Bei uns gibt es voll viele Cliquen, und Aussehen ist total wichtig", sagt Ronny aus der 10c mit 23 Jugendlichen zum Hintergrund der Teilnahme.

Ab nächsten Montag wird während des Unterrichts niemand mehr Markenlabel präsentieren: Jeder Schüler erhält an diesem Tag zwei Garnituren des selbst gewählten Klassen-Dresses.

Möglich gemacht hat den Test-Durchlauf die Sportarena von der Galeria Kaufhof am Alexanderplatz. Detlef Steffens, Kaufhof-Geschäftsführer, zeigte sich sofort begeistert von der Idee und stellte mit Sport-Abteilungsleiter Gunnar Wyrembek eine Kollektion potenzieller Klassenkleidung zusammen. Bei einer Präsentation im Klassenraum konnten sich die Schüler ihre Unterrichtstrikots selbst zusammenstellen.

Wie sie genau aussehen, wollen wir noch nicht verraten. Nur so viel: Die Steglitzer Schüler entschieden sich für eher legere Klamotten, die Friedrichshainer Jugendlichen wählten ein eher elegant-klassisches Outfit - sie tragen übrigens die gleiche Kleidung wie die deutsche Amateur-Nationalmannschaft im Golf. Wenn es mal kühler wird, können die Jugendlichen jeweils zwei Sweatshirts beziehungsweise Fleeceshirts überstreifen.

Ihr Wahl-Outfit bekommen die Schüler während der Auftakt-Modenschau am 21. Mai ab 12 Uhr in der Steglitzer Test-Schule überreicht. Derzeit werden die selbst gewählten und gezeichneten Schullogos bei der Textil- und Werbefirma A. Gramberg-Haberstroh gratis auf die Kleidung gedruckt.

"Ich würde eine einheitliche Schulkleidung nie von oben herab verordnen", sagte Schulsenator Böger zum Schulversuch des Tagesspiegels. "Aber wenn sich Klassen wünschen, gemeinsam ein Outfit zu tragen, kann ich das im Sinne der selbstständigeren Schulen nur begrüßen."

In Brandenburg hatte Bildungsminister Reiche bereits angekündigt, derartige Modellversuche sogar finanziell zu bezuschussen. Lange nachdem der Tagesspiegel seine Testreihe initiierte, hatte die CDU-Vorsitzende Angela Merkel am vergangenen Wochenende einen Modellversuch in Deutschland zu Schuluniformen gefordert.

Jetzt sind wohl alle gespannt darauf, wie anziehend eine einheitliche Schulkleidung wirkt.

Annette Kögel

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