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Berlin: Schwanenwerders Grün soll Villen weichen

Bezirk will auf der Insel Landesgelände verkaufen und Wohnungsbau ermöglichen. Kritik von Anwohnern

Für Wohnungsbauinvestoren wird die Wannseelage immer attraktiver. Auf Schwanenwerder soll nun ein rund 60 000 Quadratmeter großes Grüngebiet, fast gänzlich noch in Landesseigentum, zum allgemeinen Wohngebiet erklärt werden. Das Gelände liegt im Süden gegenüber dem Strandbad Wannsee und umfasst etwa ein Drittel der Insel. „Die Umwandlung des Sondergebietes Jugenderholung in ein Gebiet für marktfähigen Wohnungsbau ist nicht zu billigen“, beschwerte sich Anwohner Georg Schertz bei den Behörden. Der ehemalige Polizeipräsident, Initiator des neuen Vereins „Natura Havel“, wies darauf hin, dass das Gelände bis auf ein Grundstück des einstigen NS-Frauenwerks („Reichsbräuteschule“) seit 126 Jahren nie bebaut war und jetzt als Waldfläche erhalten bleiben sollte. Es wäre „sachwidrig“, wenn das Land Berlin, nur um beim Verkauf des Geländes möglichst viel Geld zu erzielen, Wohnungsbau zulasse. Es werde die Chance vertan, das Gebiet auch rechtlich der Natur zu überlassen. Leider sei Schwanenwerder schon im Inneren durch neue, dichte Bebauung „nachhaltig geschädigt“ worden. Der Verein hat in düsterer Vorahnung schon eine Skizze angefertigt, die gewohnte grüne Uferkante ist verschwunden, dafür steht eine Siedlung mit 14 Reihenhäusern.

Im Bezirk Steglitz-Zehlendorf gibt es derzeit mehrere Projekte, die umstritten sind. Auf der anderen Seite des Wannsee entstehen zahlreiche Neubauten in der Umgebung des Flensburger-Löwen-Denkmals, und die Planungen für Siedlungsbau auf dem einstigen Don-Bosco-Heim-Gelände laufen an. Das Bezirksamt und Baustadtrat Uwe Stäglin (SPD) haben von Anwohnern schon viel Kritik hören müssen. Derzeit offeriert der städtische Liegenschaftsfonds auf Schwanenwerder nur ein großes Grundstück im Nordosten der Insel, schließt aber nicht aus, dass in absehbarer Zeit auch die Landesgrundstücke im Süden angeboten werden. Das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf argumentiert, die„Ferienerholung“ der Jugendämter Schöneberg und Neukölln – hier waren im Juli 2002 bei einem Unwetter zwei Jungen ums Leben gekommen – sei seit 2003 ins Umland verlagert, das Land Berlin benötige diese Fläche nicht mehr. Provisorische Behelfsbaracken und Schuppen aus der Zeit der Kinder- und Jugenderholung seien in baufälligem Zustand, Gartenanlagen vernachlässigt, heißt in der Begründung des Planänderungsverfahrens. Es müsse ein städtebauliches Konzept entwickelt werden, das behutsam mit Natur und Landschaft umgehe, das intensive Gehölz müsse „größtmöglich geschützt“ werden. Mehr als zwei Vollgeschosse sollten die „solitärartigen“ neuen Häuser nicht haben, die zulässige Bebauungsdichte werde sehr gering ausfallen, sagt Stadtrat Stäglin. Das neue Planungsrecht ermögliche den Verkauf von Landesflächen an der Inselstraße, der Bezirk beansprucht Erlösbeteiligung, zumindest an einem der Grundstücke. Das vom Liegenschaftsfonds im Bieterverfahren angebotene Grundstück auf der anderen Inselseite wird noch vom Bezirk Tempelhof-Schöneberg für Erholungszwecke genutzt. Es ist unbebaut, noch stehen vier Wohnwagen. Bald thront hier vielleicht eine große Traumvilla.

Christian van Lessen

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