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Unbekannt verzogen. Die Galerie C/O Berlin muss das Postfuhramt an der Oranienburger Straße verlassen. Verhandlungen mit dem neuen Besitzer aus Tel Aviv laufen. Foto: Axel Schmid/ddp

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Berlin: Schweren Herzens

Galerie C/O Berlin sucht Ersatz für Postfuhramt Betreiber hoffen auf Fristverlängerung beim Auszug

Die Lage ist dramatisch, und deshalb haben die drei Gründer von „C/O Berlin“ am Freitag zu einer eilig anberaumten Pressekonferenz geladen. Es geht um die Zukunft der renommierten Fotogalerie, um den Standort, um Planungssicherheit. Nicht zuletzt geht es auch um die Arbeitsplätze von über 40 festangestellten Mitarbeitern. Entsprechend angespannt sind Pott, Stephan Erfurt und Marc Naroska in einem hinteren Raum der Galerie.

„Die Situation ist sehr heiß“, sagt Ingo Pott und meint damit nicht nur die Raumtemperatur. Wenige Tage zuvor wurde ihm und seinen beiden Kompagnons der Mietvertrag für die Räume im ehemals kaiserlichen Postfuhramt an der Oranienburger Straße in Mitte gekündigt. Eigentümer Adi Keizman hatte es 2005 von der Deutschen Post erworben, doch es war ihm nicht gelungen, das Objekt nach seinen Vorstellungen zu entwickeln. Deshalb hat er das denkmalgeschützte Gebäude nun verkauft – und allen ansässigen Mietern gekündigt. Das Haus soll, wie es im Behördenjargon heißt, „lastenfrei“ an den neuen Investor übergeben werden. Nur nach zähen Verhandlungen hat Keizman C/O Berlin eine Bleibefrist bis zum 31. März 2011 gewährt.

Für die Galerie-Betreiber ist die überraschende Kündigung nicht nur wegen der bevorstehenden Feier zum zehnjährigen Jubiläum in zwei Wochen fatal. Für das kommende Jahr wurden bereits große Ausstellungen gebucht und zum Teil auch schon angezahlt. Ob sie nun überhaupt stattfinden können, ist fraglich. Deshalb steht in den kommenden Tagen ein Gespräch mit dem neuen Eigentümer an. Geklärt werden soll, ob es eine weitere Fristverlängerung gibt. Stephan Erfurt hofft auf einen „weicheren Übergang“. Wer der neue Investor ist, wollen er und seine Mitstreiter nicht sagen. Man sei lediglich autorisiert zu verraten, dass es sich um eine ausländische Investorengruppe aus Israel, genauer: aus Tel Aviv, handelt. Dort werde auch das Treffen stattfinden.

Parallel dazu suchen Pott, Erfurt und Naroska nun einen neuen Standort für ihre Galerie. Man brauche einen dauerhaften Raum, weil man sich künftig nicht mehr zum Spielball ausländischer Investoren machen wolle. Das erklärte Ziel ist die Eigenständigkeit. Doch dafür ein geeignetes – sprich: erschwingliches – Gebäude zu finden, dürfte schwer werden. Zumal die Betreiber hohe Anforderungen an ihr neues Domizil haben. Es soll über eine Ausstellungsfläche von 2500 Quadratmetern verfügen und sich in zentraler Lage befinden. Die Galerie sei „ein Kind von Mitte“, sagt Stephan Erfurt, hier liege ihre Zukunft. Bezirksbaustadtrat Ephraim Gothe (SPD) habe vorsorglich bereits seine Unterstützung zugesichert.

Knapp 300 zahlende Gäste pro Tag braucht die Galerie, um kostendeckend zu arbeiten. Seit 2008 ist ihr das gelungen – allein im vergangenen Jahr kamen 180 000 Besucher. Unter anderem deshalb, weil der bisherige Eigentümer lediglich eine „Kulturmiete“ gefordert hat.

Das Postfuhramt werden die C/O-Betreiber nur schweren Herzens verlassen – sie treibt die Angst um, dass das Gebäude danach womöglich nicht mehr öffentlich zugänglich ist. Andererseits sehen sie in einem Standortwechsel auch eine Chance auf Weiterentwicklung und Professionalisierung ihrer Arbeit. Damit gingen wichtige Richtungsentscheidungen für die Zukunft einher. Nana Heymann

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