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Berlin: Schwierige Rechnung

Die geplanten Vergleichsarbeiten für Zweitklässler bereiten schon jetzt den Lehrern Kopfzerbrechen

Im Mai und Juni schreiben erstmals alle Berliner Zweitklässler Vergleichsarbeiten in Mathematik und Deutsch. Bislang wussten die Schulen nicht, was auf sie zukommt. Jetzt aber sind Beispielaufgaben mittels Passwort im Internet einsehbar – und bereiten den Lehrern Kopfzerbrechen. Denn die Aufgaben, die dem Tagesspiegel vorliegen, gehen zum Teil weit über das hinaus, was Zweitklässler in Berlin lernen.

„Die Schüler werden schlichtweg überfordert“, sagt ein Schulleiter, der sich mit seinem geschockten Kollegium die Aufgaben angesehen hat. Selbst Erwachsene hätten mit einigen Fragestellungen Probleme. Zudem sei die Zeit extrem knapp bemessen: Für 20 Teilaufgaben in Mathematik gibt es nur 30 Minuten. Im Deutsch-Test müssen es die Kinder schaffen, innerhalb von 20 Minuten eine kleine Geschichte zu lesen und dazu zehn Fragen zu beantworten – teils durch Ankreuzen, teils durch selbständiges Formulieren. Die Zeit für die Lehrer-Anweisungen geht auch noch von den 20 Minuten ab.

Zwar werden die Vergleichsarbeiten nicht zensiert. Dennoch machen sich die Schulen Sorgen darum, wie sie abschneiden. Denn die Gesamtkonferenz kann mit Zweidrittelmehrheit beschließen, dass die Ergebnisse veröffentlicht werden. „Es spricht sich herum, wenn eine Schule besonders schlechte Ergebnisse erzielt“, befürchtet eine Neuköllner Schulleiterin. Deshalb hätten sich jetzt viele Schulen vorgenommen, den vorgegebenen Aufgabentyp intensiv zu üben, um besser dazustehen.

Das gezielte Üben ist allerdings im Fach Deutsch kaum möglich. Insbesondere Kinder nichtdeutscher Herkunftssprache, aber auch viele deutsche Kinder haben in der zweiten Klasse noch große Probleme damit, einen Text schnell und dabei sinnerfassend zu lesen. „Das ist schlichtweg nicht zu schaffen“, sagt eine Buckower Deutschlehrerin.

Die Senatsverwaltung für Bildung hält die Befürchtungen für unnötig. Immerhin habe es eine erfolgreiche Pilotphase gegeben, in der Schulen aus Berlin und Brandenburg ähnliche Aufgaben ausprobieren konnten. In Bayern seien die jetzt im Internet zugänglichen Aufgaben im jahr 2003 flächendeckend verwendet worden. Referatsleiter Tom Stryck plädiert dafür, die so genannten Orientierungsarbeiten einfach als Chance zu sehen. Schulen könnten so erfahren, wo sie stehen. Zudem hätten es ja die Schulen selbst in der Hand, ihre Ergebnisse für sich zu behalten.

Dass es bei dieser Anonymität bleibt, glauben die Schulen aber nicht. Ellen Hansen von der Werbellinsee-Grundschule in Schöneberg berichtet, dass ähnliche Vergleichsarbeiten im Saarland sehr wohl zu einer Art Ranking geführt hätten. Auch sie hält die Aufgaben für zu schwierig und kritisiert, dass die Schulen zu spät über das ganze Procedere informiert worden seien.

Diesen Vorwurf weist Stryck zurück. Die Schulen hätten bereits im Januar einen Bericht über die Pilotphase erhalten. Im Übrigen müssten eben auch schwierige Aufgaben dabei sein, um die ganze Bandbreite abzudecken und auch zu erkennen, wie viele Spitzenschüler in einer Klasse seien. Die könne man mit leichten Aufgaben gar nicht erfassen.

Landeselternsprecher André Schindler begrüßt das Vorhabem, in den zweiten, vierten un zehnten Klassen Vergleichsarbeiten zu schreiben. Allerdings dürften die Tests nicht so schwierig sein, dass Schulen sich gezwungen fühlten, nur noch auf die spezifische Aufgabenstellung hinzuarbeiten.

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