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Nach dem Winter: Sehnsucht nach Grün

Gefragte Gärtnereien: Die Freude am neuen Rasen und bunten Blumen ist dieses Jahr besonders groß. Der Winter war vielen einfach zu lang.

Rentnerin Ursula Degener (74) packt ein Stiefmütterchen nach dem anderen auf ihre Palette und zählt nach. „In Lila mag ich sie besonders gern.“ Die Stiefmütterchen sind für das Grab ihres Mannes und für den Balkon. Zum ersten Mal ist die rüstige Rentnerin in diesem Jahr im Gartencenter: „Ich dachte schon, ich kriege keinen Parkplatz mehr, aber es war kein Problem.“ Nur wie sie nachher – „ohne Fahrstuhl“ – die Blumenerde in ihre Wohnung im dritten Stock schaffen soll, das bereitet ihr Probleme, meint die Witwe.

Wie Ursula Degener werden vielen Kunden im Gartencenter „Der Holländer“ am Treptower Park von der Sonne angelockt. Endlich wollen sie Balkon oder Garten erste Farbtupfer verpassen: „Der Winter war so lang“, seufzt Tilla Balzer (27). Ein neuer Kasten mit Primeln soll jetzt den Balkon der jungen Frau zieren – „und Schneeglöckchen“, die müssen auf jeden Fall noch mit.

Am Wochenende war hier Hochbetrieb, sagt Filialleiter Jules Jans. Ab Donnerstag schon sei das Geschäft richtig losgegangen. „Die Leute kaufen vor allem Frühjahrsblüher, Gartenkräuter und sehr viele Gefäße, auch Blumenerde, um die Vorarbeiten auf Garten und Balkon zu erledigen.“ Dass der Frühling so lange auf sich warten ließ, findet Jans nicht schlimm: „Wir sind das gewöhnt und bestellen die Pflanzen auf Abruf.“ Lasse man mal den vielen Schnee beiseite, sei das von den Temperaturen her ein ganz normaler Berliner Winter gewesen. „Dauerfrost von Oktober bis April hatten wir auch 1995/96 schon“, sagt Jans.

Andere Gärtnereien sind nicht so gelassen: „Im Januar, Februar hatten wir katastrophal schlechte Umsätze, über 30 Prozent weniger als im Vorjahr“, sagt Lutz Grille, Inhaber der Hermann Rothe Gartenbau GmbH in Dahlem. Er hofft, die Einbußen bald wieder hereinzuholen: „Die Leute freuen sich auf Garten und Terrasse, das spüren wir.“ Das bestätigt auch Marcus Pluta von der Pluta Gartenbau GmbH in Dahlem. „Hervorragend“ sei das Geschäft am Wochenende gelaufen, auch der regnerische Sonntag habe die Kunden nicht davon abgehalten, sich mit Hornveilchen, Narzissen und Schlüsselblumen einzudecken.

„Wir haben in diesem Jahr erst am 10. März begonnen, unser Frühjahrssortiment aufzubauen“, sagt Pluta. Bis Ostern rechnet er mit einem Ansturm auf die Gartenmärkte. Mit Sommerblumen wie Geranien, Margeriten und Petunien, die einige Verbrauchermärkte schon anböten, sollten Hobbygärtner aber noch bis Mitte April warten. „Wenn die Temperaturen auf um die ein Grad sinken, sind diese Blumen hinüber“, warnt Pluta.

Stiefmütterchen und Primeln, zurzeit der absolute Renner in Berlin, halten Bodenfrost dagegen gut aus. „Wenn es sehr kalt wird, hilft es, die Blumen in die Garage unterzustellen oder mit Vlies abzudecken, um die Blüten zu schützen“, rät Gärtner Jans.

Auch dem unter Eis und Schnee erdrückten Rasen, der oftmals von Schimmel befallen ist, sollten Besitzer jetzt Luft verschaffen: „Trennen Sie die Grasfasern, damit Sauerstoff an die Wurzeln kommt“, sagt Jans. Man nennt das „vertikutieren“, in diesem Jahr ist es besonders notwendig. Das meint auch einer seiner Kunden: „Es gibt große Schäden, starke Vermoosung, Verfilzung am Rasen.“ Durch den plötzlich hereingebrochenen Frühling falle viel Arbeit an. „Nach dem langen Winter kommt jetzt alles auf einmal.“

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