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FÜNF  MINUTEN  STADT: Sei Wedding!

Café Barrikade, Ecke Pankstraße. Aus den Boxen plärrt Punk, die Scheiben beschlagen.

Café Barrikade, Ecke Pankstraße. Aus den Boxen plärrt Punk, die Scheiben beschlagen. Trinker am Tresen, Studenten hinter der Süddeutschen. Im Hinterzimmer Kicker und Billard. Das Schild mit der durchgestrichenen Marihuanapflanze verschwindet im Kiffer-Qualm. Auf dem einzigen Stuhl sitzt einer, der mit Härterem zu kämpfen hat. Zittert, schwitzt und friert. Daneben steht sein Kollege mit Riesenjoint, erzählt, was falsch läuft in der Welt. Das Zittern des anderen scheint Bestätigung genug.

Am Kicker lehnt mein Freund, nennen wir ihn L. Er ist Weddinger und macht das öfter: lädt mich ein, um mir seine Welt zu erklären. Seine Welt: Wedding. Der Wedding bleibt hart, der Wedding bleibt rot. So geht das immer. Gerade hat L. Fahrt aufgenommen, da platzt der Riesenjoint in den Monolog. „Wollt ihr ein Handy kaufen? Hab’ ich über.“ Er zieht ein altes Sony Ericsson aus seiner Brusttasche. Wir verneinen. „Gebt ihr mir ein Bier aus?“ Ich halte ihm meins hin, hoffe, dass er ablehnt. Er greift zu. Ob wir auch eine Zigarette hätten, fragt er. L. hält ihm den Tabak hin. Der Typ schaut auf das Bier in der einen Hand, den Joint in der anderen. L. dreht ihm eine. Das eben angebotene Handy klingelt. Der Typ geht ran, nimmt die Zigarette und geht ab. „Sorry Jungs.“ Am Tresen trinkt er mein Bier aus, raucht die Kippe von L. und brüllt Beleidigungen gegen Hertha und die Welt ins Handy. Wedding bleibt Wedding. Dominik Drutschmann

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