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Berlin: Sein größter Fall

La-Belle-Anwalt Axel Schirmack ist fast am Ziel: Die Gaddafi-Stiftung will die Opfer des Bombenanschlags entschädigen

Werden Sie jetzt reich und berühmt, Herr Schirmack? Das schmale Gesicht mit den verschmitzten Augen signalisiert kurz eine leichte Empörung, dann entspannt es sich zum Lächeln. Über das Honorar zu reden wäre natürlich töricht, zumal zu einem Zeitpunkt, zu dem man es noch gar nicht kennt.

Das Honorar hätten sich die Anwälte auf jeden Fall verdient, versichert Axel Schirmack, einer der Sprecher der „Interessengemeinschaft La Belle“. Und die Wahrnehmung als Staranwalt, der Millionen für seine Mandanten herausholt? Nein, dieses Image passe nicht zu ihm. „Ich verstehe mich als Dienstleister und versuche, meinen Job so gut wie möglich zu machen.“ Während er das sagt, tupft sein rechter Zeigefinger unentwegt winzige Krümelpartikel von der polierten Schreibtischplatte.

Den Prozess um den Anschlag in der Diskothek La Belle, einer der größten in der Berliner Justizgeschichte, verfolgt Schirmack jetzt seit fünf langen Jahren. Das Bombenattentat auf die vor allem von US-Soldaten besuchte Diskothek in Friedenau am 5. April 1986 tötete drei Menschen, mehr als 200 wurden schwer verletzt. Die Meldung, dass die „Internationale Gaddafi-Stiftung“ die Opfer des Anschlags auf das La Belle entschädigen wolle, löste bei Schirmack denn auch eine befristete Hochstimmung aus. Allerdings bestünde seine Rolle zurzeit eher darin, die Euphorie seiner Mandanten zu dämpfen. „Es gibt noch nichts Offizielles.“ Doch das Ziel ist schon zu sehen.

Der La-Belle-Prozess war in Schirmacks junger Karriere als Fachanwalt für Strafrecht ein Großereignis. Nicht auszuschließen, sagt er, dass er das für den Rest seiner Juristenjahre nicht mehr überbieten kann. Erst 1997 hatte Axel Schirmack, Jahrgang ’66, sein zweites Staatsexamen abgelegt. Ein Jahr später kam er dann über einen Kollegen an das Mandat einiger Nebenkläger in dem Prozess, unter anderem der Angehörigen des im La Belle getöteten Amerikaners James Goins. Eher ein Zufall, meint der Anwalt, wenn auch einer mit wirklich weitreichenden Folgen.

Esoterisch Veranlagte würden die Analyse noch etwas tiefer ansetzen. Schirmack war nämlich am Tatort, wenige Stunden, nachdem die Bombe am 5. April 1986 hochgegangen war. Damals jobbte er als Kabelträger beim ZDF. Morgens um halb sechs bekam er einen Anruf: „Komm mal schnell in die Hauptstraße.“ Gesehen hat er dort nur noch die Trümmer. Von der politischen Sprengkraft dieses Ereignisses ahnte er damals noch nichts.

Auch nicht von den Traumata der Opfer, von denen viele so jung waren wie er und genauso fühlten. „Das Leben machte einfach Spaß, damals. Man war unbekümmert, viel unbeschwerter als heute.“ Während die La-Belle-Opfer im Zeitraum einer Millisekunde aus diesem Wohlgefühl gerissen wurden, ging die Leichtigkeit des Seins für Schirmack einfach weiter. Studium an der Freien Universität – auch aus Bequemlichkeit verzichtet er auf ein „Auslandssemester in Westdeutschland“ –, Examen, Anwaltszulassung, Familiengründung.

Diese unsichtbare Trennlinie zwischen seinem Leben und dem seiner Mandanten besteht fort. Axel Schirmack nennt es „professionelle Distanz.“ Es gibt keinen „La-Belle- Stammtisch“ und keinen „La-Belle-Kegelklub“. Dafür gibt es etwas ganz anderes: Jedes Jahr treffen sich Anwälte und Opfer am Schauplatz des Anschlags, um der Toten zu gedenken.

Es könnte sein, dass Schirmack bald Fachanwalt für Terroranschläge wird. Er vertritt Opfer des Anschlags in Djerba zivilrechtlich und ist auch an Verfahren im Umfeld des 11. September beteiligt. Er mache auch andere Sachen bis hin zu Straßenverkehrsdelikten, sagt Schirmack, aber Fälle mit politischer Dimension reizen ihn. Schon lange.

Anno 1982 habe er auf dem Schulhof der Kanzlerrede vor dem Misstrauensvotum gegen die sozialliberale Regierung gelauscht. 20 Jahre später mischt er selbst ein wenig mit in der großen Politik und genießt es. Diesen Satz würde Schirmack sofort dementieren – allein wegen der anwaltlichen Außenwirkung. Da gibt man sich diplomatischer. Wie der libysche Botschafter, mit dem Schirmack in den vergangenen Jahren öfter zu tun hatte. Die Gespräche, so berichtet er, seien immer in einer sehr angenehmen Atmosphäre verlaufen.

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