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SEINE TEMPELHOF-VISION: „Ein Tivoli in gigantischen Ausmaßen“

Noch 8 Tage, dann schließt der Flughafen. Architekt Hans Kollhoff wettert gegen die Pläne des Senats. Was er aus dem Gelände machen würde? Einen Vergnügungspark

Er tut sich schwer, sich vom Flughafen Tempelhof zu verabschieden. Erst kürzlich, beim Einsteigen in den Jet nach Brüssel, wurde es ihm wieder klar: Die Passagiere treten unter das riesige Dach, vorn wartet die Maschine und im Hintergrund geht zartrot die Sonne auf …

Wenn Tempelhof aber schon kein Flughafen mehr sein soll, sagt er, dann braucht es ein findiges Konzept. „Die Nachnutzung ist eine große Aufgabe, aber nicht zuerst für die Architektur“, sagt Architektur-Professor Hans Kollhoff. „Die Herausforderung besteht zunächst darin, ein Gesamtkonzept zu entwickeln, das langfristig wirtschaftliche Chancen hat.“ Das gelte vor allem für das Flughafengebäude. „Da muss eine große Idee hinein, die aus sich heraus leben kann, aber die sehe ich noch nicht.“

Seine Vorstellung knüpft an das Phänomen der Massenveranstaltungen an, für die Berlin bekannt ist – von Silvesterparty über Fanmeile bis zur Love Parade. Kollhoff schlägt einen Freizeitpark vor: „Ein Tivoli in gigantischen Ausmaßen, das die ganze Welt sehen will, dazu eine komplexe Funktionsmischung, inklusive Shopping, ohne das solche Großprojekte heute nicht mehr gehen – das könnte Tempelhof werden.“

Praktischerweise ließen sich Pavillons, Karussells, Schießbuden oder Varietétheater rund um das Flugfeld errichten – das Publikum flaniert im Kreis und amüsiert sich. Kollhoff ist überzeugt: „Ich glaube, für diese Idee könnte man Investoren begeistern.“

Gar nicht begeistern kann sich Kollhoff für die Pläne des Senats, an den Rändern des Flugfeldes Bauflächen auszuweisen und Wohngebiete zu errichten. Er fragt: „Wo soll man in Tempelhof wohnen? Im Westen das Terminalgebäude, im Norden der Columbiadamm, im Süden der Autobahnring – wen zieht es da hin?“

Auch die Idee von Senatsbaudirektorin Regula Lüscher, dort eine Internationale Bauausstellung zu veranstalten, erhält von ihm keinen Applaus. „Wenn ich mit einer Bauausstellung wirklich Zukunftsfragen der Stadt beantworten möchte, dann mitten in der Stadt, auf dem sogenannten Marx-Engels-Forum oder auf den Brachen nördlich des Hauptbahnhofs, und nicht in Tempelhof.“

Kollhoff plädiert für ein freies Flugfeld: „Bloß keine kleinteilige Bebauung am Rand! Auch keinen Park.“ Er erinnere sich an Tage der offenen Tür oder an Rockkonzerte: „Da kamen die Massen hinein, konnten über das weite Feld flanieren. Über ihnen der Himmel, mitten in der Stadt – großartig!“

EIN WENIG LAS VEGAS,

EIN BISSCHEN TIVOLI

Es müssen nicht schrille Leuchtreklamen sein, aber Kollhoff schlägt einen Ring von Pavillons vor, um den man mit den Kindern in drei Stunden herumläuft: „Von Schießbuden, Karussells und Varieté bis zum Einarmigen Banditen – warum denn nicht?“ Ein kleines bisschen Las Vegas, ein wenig Kopenhagener Vergnügungspark Tivoli.

Vorschläge für einen Forschungsstandort lehnt Kollhoff ab, dafür gebe es Adlershof. „Warum müssen Ideen immer so ernsthaft sein?“, fragt er. „Auf dem Gelände in Tempelhof soll der Lebenslust freier Lauf gelassen werden. Die Kinder haben Lust auf Zuckerwatte.“Fotos: AFP, dpa; Text: oew

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