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Berlin: Selbstmord-Drohung legte S-Bahn lahm

31-Jähriger wollte von der Beusselbrücke springen, nachdem seine Tochter vom Jugendamt abgeholt worden war

Am Morgen hatten Polizei und Jugendamt sein Kind abgeholt, das warf den 31-jährigen aus der Bahn. Um 11.45 Uhr kletterte Hüsamettin K. auf der Beusselbrücke über das Gelände. Auf einem Sims verharrte er, stellte seinen Rucksack neben sich und zog sich bis auf die Hose aus. Eine Passantin sprach ihn an, was das solle. Da sagte der Mann, er springe jetzt hinunter auf die Gleise.

In diesen Minuten begann ein über sechsstündiger Kampf um das Leben des Mannes Die S-Bahn auf dem Nordring wurde gestoppt, der Straßen- und Busverkehr in Richtung Flughafen Tegel auch, die Umgebung wurde geräumt. Psychologen, Feuerwehrleute, ein Richter und Bekannte des Mannes versuchten nacheinander und auch gleichzeitig, ihn zum Aufgeben zu überreden. Doch der 31-jährige Kurde blieb bei seiner Drohung. „Ich springe, wenn ich nicht bis 15 Uhr mein Kind wiederhabe!“ Das Ultimatum verstrich, nichts geschah, außer dass der Mann sein Hemd und seine Jacke wieder anzog. Heftig gestikulierte Hüsamettin K. Immer wieder kamen die Verhandler der Polizei zur Einsatzleiterin, um das weitere Vorgehen zu beraten. Ab und zu brachten sie dem Mann einen Kaffee.

Doch das, was Hüsamettin K. fordert, kann die Polizei ihm nicht versprechen: Seine siebenjährige Tochter Bahar, die auf Anweisung des Amtsgerichts Pankow am Morgen aus seiner Wohnung geholt worden war. Vor kurzem hatte sich der Kurde von seiner Lebensgefährtin, einer Polin, im Streit getrennt, berichtete der Anwalt des Mannes, der ebenfalls zur Beusselbrücke gerufen worden war. Auch alle anderen, die bis zum Abend mit ihm sprachen, schilderten ihn anschließend als zum fest Selbstmord entschlossen.

So auch Belgin Merter. Sie ist die Frau, die zuerst seine Version des Geschehens gehört hatte, sie hatte ihn halbnackt hinter dem Brückengeländer entdeckt. Die resolute Frau, die eine Freundin im Kiosk neben dem S-Bahnhof Beusselstraße besuchen wollte, redete erstmal beruhigend auf ihn ein, dann rief sie die Polizei. Später dolmetschte die Türkin für die Verhandlerinnen von der Polizei. Seine Tochter sei bei ihrer Mutter in ganz schlechten Händen, sagte Hüsamettin K. zu der Frau, die ihm auf der Beusselbrücke vermutlich das Leben gerettet hat. Wieder zurück über das Geländer aber stieg K. nicht. Stunde um Stunde verharrt er auf dem schiefen Blechsims. Unter sich die Gleise. Nur einmal, gegen 16 Uhr, klettert der Verzweifelte einmal kurz zurück auf den Gehweg, sprach dort mit den Polizeipsychologen weiter. Als jedoch zwei Beamte des Spezialeinsatzkommando in Zivil heranschlendern, schöpft er Verdacht und springt wieder zurück auf den schmalen Sims über den Gleisen.

Um 17 Uhr hatte die Polizei auch seine ehemalige Freundin in einem Frauenhaus ausfindig gemacht. In einem Polizeiauto wurde sie kurz vor sechs zur Beusselbrücke gebracht. Und ihr gelang, was keiner der professionellen Verhandler schaffte: Nach wenigen Minuten gab Hüsamettin K. auf. Punkt 18 Uhr war das Drama vorbei. „Gottseidank“, freute sich der Leiter der Polizeidirektion 3, Alfred Markowski, und umarmte seine Einsatzleiterin, die stundenlang um das Leben des Mannes gebangt hatte.

Hüsamettin K. wurde am Abend in die geschlossene Psychiatrie des Krankenhauses Moabit gebracht.

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