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Selbstmord: Vorbeugen gegen den Gefängnis-Schock

Jedes Jahr begehen Häftlinge Selbstmord im Gefängnis. Häufiger Grund: Der Schock in den ersten Wochen nach der Verhaftung. Die Justiz versucht den Suiziden vorzubeugen.

Die Zahlen sind rückläufig: Im vorigen Jahr haben sich zwei Häftlinge selbst getötet - einer davon in der Untersuchungshaft. Im Jahr 2007 hatten sich sechs Insassen in der Zelle erhängt - einer davon ebenfalls in der Justizvollzugsanstalt Moabit. 2006 waren es bei zehn Suiziden insgesamt noch acht Männer, die sich in der Untersuchungshaft das Leben genommen haben. Um Selbstmorde in der JVA Moabit zu verhindern, gebe es eine Suizidprophylaxe, sagte Justizsprecher Daniel Abbou. "Die rückläufigen Zahlen zeigen, dass die Vorbeugung funktioniert."

Zu dem Projekt gehört nach Abbous Worten, dass alle neu in Moabit aufgenommenen Gefangenen ein Gespräch mit einem Sozialarbeiter führen. Kommt dieser zum Ergebnis, dass eine Suizidgefahr vorliegt, wird der Gefangene einem Arzt vorgestellt. Schließt der Mediziner eine Gefährdung nicht aus, wird der Betroffene unter Beobachtung gestellt. Je nach Schwere des Falls ist auch die Unterbringung zusammen mit einem anderen Häftling in einer Zelle möglich. Außerdem kann der Suizidgefährdete auch in einen besonders gesicherten Haftraum gebracht oder gleich auf die psychiatrische Abteilung des Haftkrankenhauses verlegt werden. Außerdem stehen Psychologen zur Krisenintervention bereit, sagt der Justizsprecher. Jeder Suizidversuch werde ausgewertet.

Dass das Thema Suizide heikel ist, zeigt sich auch an der Diskussion, die es Ende 2006 gab: Da hatte die Justiz angekündigt, Todesfälle hinter Gittern nicht mehr der Öffentlichkeit zu melden. Trotz heftiger Kritik hält Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) weiterhin daran fest. "Wir melden ja Todesfälle - allerdings im Rechtsausschuss und nicht per Pressemitteilung", sagte Abbou.

Die Zahl der Suizide in der U-Haft war im Jahr 2000 plötzlich gestiegen: Statt drei bis vier Fälle pro Jahr waren es nun sieben. Eine Arbeitsgruppe fand danach heraus, dass die meisten Selbstmorde innerhalb der ersten Wochen nach der Verhaftung begangen wurden. Ursache ist nach Worten des Justizsprechers unter anderem, dass viele Neuankömmlinge unter einem "Haftschock" litten. Dies sei auch heute noch eine mögliche Ursache von Selbstmorden. Hinzu kämen aber auch persönliche Probleme: Wenn Insassen zum Beispiel von ihrer Partnerin verlassen wurden oder die Familie sich abwendet.

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