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Berlin: Senat beschließt Schonfrist für Mieter

1,8 Millionen Berliner in sechs Bezirken erhalten nach Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen sieben Jahre lang Kündigungsschutz

Gute Nachrichten für Mieter: Ein neuer Eigentümer kann sich innerhalb der Sperrfrist nicht auf Eigenbedarf oder fehlende wirtschaftliche Verwertbarkeit als Kündigungsgrund berufen. Er muss sieben Jahre warten, erst dann kann er Eigenbedarf anmelden. Der Senat hat am Dienstag eine bisher gültige Ausnahmeregelung für Berliner Mieter in Pankow, Friedrichshain-Kreuzberg, Charlottenburg-Wilmersdorf und Tempelhof-Schöneberg verlängert. Hinzu kommen nun noch die Bezirke Mitte und Steglitz-Zehlendorf. Mieter in den sechs Bezirken erhalten dadurch eine vier Jahre längere Schonfrist als die gesetzlich vorgeschriebene von drei Jahren. „Das ist ein gewollter Schutz der Mieter in Gebieten, in denen Wohnungsverkäufe einen größeren Umfang haben könnten“, sagte Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD). Die neue Rechtsverordnung gilt ab dem 1. September. Sie musste verabschiedet werden, da die bisherige Regelung Ende August abläuft.

Nach Angaben von Junge-Reyer wurden im vergangenen Jahr 4500 Miet- in Eigentumswohnungen umgewandelt. In Pankow waren es 750, in Steglitz-Zehlendorf 476, in Mitte 336 und in Charlottenburg-Wilmersdorf 943 Wohnungen. Mit einer Umwandlung ist noch nicht zwangsläufig ein Verkauf verbunden. Vielmehr wird ein Grundstück, das auf einem Grundstücksblatt im Grundbuch verzeichnet ist, aufgeteilt in verkaufsfähige Wohnungen. Jedes Objekt erhält ein eigenes Grundstücksblatt und kann verkauft werden. Einen Umwandlungsboom mit mehr als 20 000 Wohnungen habe es in den Jahren 1998 bis 2000 gegeben, sagte Junge-Reyer. Seitdem seien die Zahlen rückläufig.

In die Gesamtbewertung des Senats über die Schutzbedürftigkeit der Bezirke flossen weitere Kriterien wie zum Beispiel Einwohnerentwicklung, Leerstände, aktuelle Wohndauer, Grundbuchumschreibungen und Wohnungsverkäufe ein. In Friedrichshain-Kreuzberg zum Beispiel wurden im Vorjahr zehn von 1000 Bestandswohnungen verkauft. Für den Mieter selbst ist nicht die Umschreibung einer Wohnung, sondern der Verkauf entscheidend. Ab diesem Zeitpunkt hat er bei einem Wohnungseigentümer-Wechsel in den sechs Bezirken einen siebenjährigen Kündigungsschutz.

Der Berliner Mieterverein begrüßte zwar die Senatsentscheidung, hätte den Kündigungsschutz aber auf alle Bezirke bis auf Spandau, Marzahn-Hellersdorf und Reinickendorf ausgeweitet gesehen. „Leider hat man die Frist nicht auf zehn Jahre erhöht“, sagte Wibke Werner, Mitarbeiterin in der Geschäftsführung des Mietervereins. Grüne und Linke hatten ebenfalls einen Mieterschutz von zehn Jahren gefordert. Im Senat stimmten die Senatoren der Linken dem Vernehmen nach aber nicht gegen die Verordnung. Fraktionschef Udo Wolf nannte die Regelung ein „erstes gutes Ergebnis“, da der Kündigungsschutz verlängert und erweitert wurde. Dennoch bleibt die Mietenpolitik in der Koalition ein Dauerbrenner. Die Linke möchte noch vor der Wahl das Zweckentfremdungsverbot für die Innenstadtbezirke wieder einführen, das die Umwandlung von Miet- in gewerbliche Ferienwohnungen verbietet. Per Gerichtsurteil wurde dieses Verbot im Jahr 2002 abgeschafft, da es zum damaligen Zeitpunkt keine angespannte Wohnungsmarktlage in Berlin gab. Diese Situation habe sich seitdem geändert, argumentiert die Linke. SPD-Wohnungspolitiker Michael Arndt rechnet erst in der nächsten Legislaturperiode mit einem Gesetzesentwurf, der vor Gericht Bestand hätte.

Nach Schätzungen des Berliner Hotel- und Gaststättenverbandes gibt es mehr als 15 000 Ferienwohnungen, über drei Millionen Übernachtungen werden dort jährlich gebucht. Hauptgeschäftsführer Thomas Lengfelder spricht für Gegenden wie die Wilhelmstraße in Mitte von einem „professionellen Markt“. Eine Bürgerinitiative hat sich an Abgeordnete gewandt und gefordert, die Umnutzungen einzuschränken. Am 8. September um 18 Uhr plant die Initiative eine Bürgerversammlung in der Grundschule Wilhelmstraße.

 Sabine Beikler

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