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Senat: Borsighafen droht Finanzdesaster

Nach dem millionenteuren Grundstücksgeschäft am Spreedreieck könnte auf den Senat beim Projekt Borsighafen in Reinickendorf ein weiteres Minusgeschäft zukommen. Das Gelände wurde bereits verkauft, doch Berlin ist nicht am Gewinn beteiligt. Der Investor soll den Vertrag nun nachträglich ändern.

Von Sabine Beikler

Damit das Land noch in letzter Minute einen Verlust in Millionenhöhe vermeiden kann, müsste sich aber die bisherige Eigentümerin des Geländes, die Dazzle Group Berlin, nachträglich verpflichten, eine Wertabschöpfungsklausel in den Kooperationsvertrag mit dem Land aufzunehmen. Nur dann wäre Berlin am Gewinn eines Weiterverkaufs beteiligt. Und der ist inzwischen erfolgt: Die Dazzle Group hat das 17 Hektar große Gelände mit Hafen an die DDS Lime BV Niederlande verkauft.

Das bestätigte auf Anfrage die Staatssekretärin der Wirtschaftsverwaltung, Almuth Nehring-Venus. „Die Dazzle Group hat uns in dieser Woche schriftlich über den Verkauf informiert“, sagte Nehring-Venus. Auch wenn die Gewinnbeteiligung für das Land, die die Dazzle Group offenbar akzeptiert habe, noch nicht im Kooperationsvertrag aufgenommen wurde, ist sich die Staatssekretärin sicher: „Die Wertabschöpfung gilt auch schon für diesen Verkauf.“ Das ist zumindest die Auffassung der Wirtschaftsverwaltung. „Rein juristisch“, sagt Staatssekretärin Nehring-Venus, „ist der Verkauf nämlich noch nicht vollzogen, da er noch nicht im Grundbuch verzeichnet worden ist.“ Ob die Anwälte der Dazzle Group das auch so bewerten, war gestern nicht zu erfahren.

Dieses Grundstücksgeschäft birgt mehrere Unbekannte: Wie hoch die Kaufsumme für das Gelände ist, ist offiziell nicht bekannt. Dem Vernehmen nach soll es sich um rund 28 Millionen Euro handeln. Ob mit Gewinn verkauft wurde, steht auch nicht fest. Die Rede ist von sechs Millionen Euro Gewinn. Und wie hoch das Land daran prozentual beteiligt wird, muss noch verhandelt werden.

Bei dem Millionenprojekt Borsighafen ist es in der Vergangenheit zu gravierenden Fehlern gekommen. Im vergangenen Jahr hatte die Reinickendorfer CDU-Bezirksbürgermeisterin Marlies Wanjura trotz rechtlicher Bedenken im eigenen Haus Vorarbeiten für den Hafenausbau vergeben, die zum Teil durch einen Vorschuss des Investors finanziert wurden. Dann sicherte Wanjura in einem „Letter of intent“ einen Fertigstellungstermin Ende 2008 zu. Anderenfalls wäre das Land schadenersatzpflichtig geworden. Nach weiteren Pannen hat der Senat das Projekt im September an sich gezogen.

Dann wurde auch noch bei der Finanzierung des Vorhabens getrickst. So sollte eine Straße, die über ein Privatgelände führt, durch Fördermittel aus der Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Land finanziert werden. Doch dafür muss eine Straße öffentlich zugänglich sein. Trotzdem erteilte die Senatswirtschaftsverwaltung eine Förderzusage. Der Landesrechnungshof warf Bürgermeisterin Wanjura schwere Verstöße gegen das Haushaltsrecht vor und forderte die Verwaltung auf, die Förderzusage über 3,7 Millionen Euro zurückzunehmen.

Das Bundeswirtschaftsministerium forderte wiederum den Senat im Januar auf, den Vertrag mit der Dazzle Group um eine Wertabschöpfungsklausel nachzubessern. Anderenfalls könnte es sich bei der Förderung um eine „unzulässige Beihilfe“ handeln. Der Bund drohte mit einer millionenschweren Nachforderung. Erst auf diesen Druck hin startete das Land mit Nachverhandlungen. Auch wenn es diese Klausel jetzt geben soll, wartet der Bund die schriftlichen Vereinbarungen ab. „Wir werden sehen, ob das alles unseren Ansprüchen genügt“, hieß es gestern. Anderenfalls wird es für Berlin teuer.

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