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Bis 2017 sollen in Berlin 36 standardisierte Bauten für Flüchtlinge errichtet werden.

© dpa

Flüchtlinge in Berlin: Senat braucht 36 Grundstücke für Unterkünfte

Der Senat will bis 2017 in der gesamten Stadt 36 standardisierte Bauten für Flüchtlinge errichten. Bisher stehen erst acht Flächen fest. Die übrigen Grundstücke müssen noch gefunden werden.

Bei der Unterbringung der Flüchtlinge hat sich der Senat ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: In den kommenden zwei Jahren sollen an 36 Standorten – verteilt über die gesamte Stadt – sogenannte Modularbauten entstehen. Auf diese Zahl hatte sich die Landesregierung bereits im Januar verständigt. In den Bauten, die anders als die bisherigen Containerdörfer mehr Flexibilität an den jeweiligen Standorten bieten und mehr an die Bedürfnisse verschiedener Flüchtlingsgruppen angepasst werden können, sollen jeweils zwischen 120 und 240 Menschen untergebracht werden. Die Sozialverwaltung, so sieht es das am Dienstag beschlossen Konzept für Flüchtlinge vor, geht von einer durchschnittlichen Belegung mit 200 Menschen aus. 2016 und 2017 sind insgesamt 7200 Plätze geplant. Die Hälfte davon soll bereits im kommenden Jahr realisiert werden. Die Modularbauten fallen damit kleiner aus als die bisher schon geplanten und zum Teil realisierten Containerdörfer, die jeweils rund 600 Menschen ein Obdach bieten.

Jeder Bezirk sollte zwei bis drei Grundstücke nennen

Bisher sind die notwendigen Flächen aber noch nicht gefunden. Die Bezirke haben erst acht mögliche Standorte genannt. Dabei waren sie alle aufgefordert worden, mindestens zwei bis drei Grundstücke zu nennen, auf denen die Bauten errichtet werden können. Damit sollten auch die bezirklichen Interessen besser berücksichtigt werden. Einige Bezirke aber haben nach Angaben von Sozialsenator Mario Czaja (CDU) Beschlüsse präsentiert, wonach sie nicht über geeignete Flächen verfügen. Gerade in den Innenstadtbezirken Mitte und Friedrichshain-Kreuzberg ist es schwierig; dort gibt es nicht so viel Kapazitäten.

Bei den acht benannten Standorten sollen die vorbereitenden Arbeiten in diesem Herbst beginnen. Man rechnet mit einer Bauzeit von einem halben Jahr, sodass die Plätze im kommenden Frühjahr zur Verfügung stehen könnten. Die Adressen will die Verwaltung noch nicht nennen. „Das hat nichts mit der Angst vor möglichen Gegnern der Einrichtungen zu tun“, sagt Regina Kneiding, die Sprecherin der Senatsverwaltung für Soziales. Vielmehr seien noch nicht alle Abstimmungen getroffen: „Die Anwohner werden es dann erfahren, wenn alles hundertprozentig geklärt ist.“ Auch wolle man den Bezirken nicht mit einer Veröffentlichung vorgreifen.

Täglich kommen hunderte Flüchtlinge in die Stadt

Da derzeit jeden Tag hunderte Flüchtlinge neu in die Stadt kommen, will der Senat vermehrt auf landeseigene Gebäude zurückgreifen und diese entsprechend herrichten: derzeit sind dies die ehemalige Lungenklinik Heckeshorn, eine ehemalige Freizeit- und Bildungsstätte des Bezirks Neukölln am Kladower Damm, das ehemalige Collège Voltaire an der Avenue Charles de Gaulle in Wittenau sowie die einstige psychiatrische Klinik der Charité an der Eschenallee in Westend.

Die meisten Asylbewerber hat Pankow untergebracht

In Berlin sind mit Stand Anfang August mehr als 15 000 Menschen in Erstaufnahme-, Gemeinschafts- und Notunterkünften untergebracht, 1750 in Hostels. Rund 9000 Flüchtlinge leben in Wohnungen. Die meisten Asylbewerber hat der Bezirk Pankow untergebracht (1933), gefolgt von Lichtenberg (1818) und Mitte (1695). Die wenigsten Flüchtlinge leben in Neukölln (476) und in Steglitz-Zehlendorf (312).

Drei der bereits im vergangenen Jahr geplanten Containerdörfer – in den Bezirken Pankow, Marzahn-Hellersdorf und Treptow-Köpenick – stehen bereits. Die anderen drei sind noch im Bau. In dem Containerdorf in Zehlendorf sollen besonders belastetete Flüchtlinge unterkommen, beispielsweise traumatisierte Menschen, schwangere Frauen oder Menschen mit Behinderungen.

Flughafen Tempelhof gilt als nicht geeignet

Schon im vergangenen Jahr hat der Senat geprüft, ob nicht auch im ehemaligen Flughafen Tempelhof Notunterkünfte eingerichtet werden können. Damals kam man zu dem Schluss, dass das Gebäude nicht infrage kommt. Der Stand der Vermietungen spreche dagegen. An dieser Einschätzung hat sich aus Sicht der Sozialverwaltung nichts geändert. Auch das Tempelhofer Feld gilt als nicht geeignet: Nach dem Volksentscheid ist dort keine Bebauung möglich. Und die geplanten Containerdörfer und Modularbauten seien nicht dafür gedacht, nur kurzzeitig aufgebaut zu werden, sagt Sprecherin Kneiding. Man rechne mit einer Gebrauchsdauer von mindestens zehn Jahren. Und eine vorübergehende Unterbringung in Zeltlagern, die es beispielsweise schon seit einigen Wochen in Brandenburg gibt, will der Senat so lange wie möglich vermeiden. Genauso war es Sozialsenator Czaja auch ein Anliegen, Turnhallen, die vorübergehend genutzt werden mussten, so schnell wie möglich wieder zu räumen.

Der Flüchtlingsrat kritisiert das Senatskonzept

Nach Auffassung des Flüchtlingsrats setzt der Senat zu sehr auf die Unterbringung in Sammelunterkünften. Er vermisst „ernsthafte Konzepte“, wie Flüchtlinge in private Wohnungen ziehen könnten. Stark kritisiert wird das Vorhaben, dass Menschen, die aus sogenannten sicheren Herkunftsländern stammen, generell der Zugang zum Wohnungsmarkt verwehrt werden soll. „Diese unerträgliche Diskriminierung muss sofort aus dem Konzept gestrichen werden“, erklärte der Flüchtlingsrat.

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