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Berlin: Senat lässt sich von Gericht nicht stoppen

Personalkosten sollen weiterhin um 500 Millionen Euro gesenkt werden. Streit um Solidarpakt verschärft sich

Von Sabine Beikler

Der Tarifstreit im Berliner öffentlichen Dienst spitzt sich zu. Während die Gewerkschaften Verdi, GdP und GEW gestern das vom Senat vorgelegte Angebot einstimmig ablehnten, erlitt der Senat gestern vor dem Arbeitsgericht eine juristische Niederlage. Der „Blitzaustritt“ des Landes vom Januar aus dem Kommunalen Arbeitgeberverband war nach Auffassung des Gerichts rechtswidrig. Das Land kündigte sofort Berufung gegen die Entscheidung an.

Nach Auffassung des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit wird der Senat trotz des Urteils an dem Sparkurs festhalten und die Personalkosten jährlich um 500 Millionen Euro senken. Sollte das Land die Tarifsteigerungen für die rund 13 600 Arbeiter zahlen müssen, was Kosten von acht Millionen Euro jährlich bedeutet, „können wir diese Größenordnung durch andere Maßnahmen ausgleichen“, sagte Wowereit: „Dann müssen die Stellschrauben bei den anderen Gruppen angezogen werden.“ Als Beispiel nannte er, dass man dann überlegen werde, die Arbeitszeitverlängerung für die Beamten nicht zurückzunehmen.

Er bedauerte zudem, dass die Gewerkschaften das vorgelegte Senats-Angebot abgelehnt und den vorgeschlagenen Verhandlungstermin am 16. Mai abgesagt haben. Jeder Punkt sei verhandelbar, wenn am Ende das vorgesehene Einsparziel erreicht werde. „Wir würden auch jede Nacht verhandeln und stehen jederzeit bereit“, sagte der Regierende Bürgermeister.

Unterdessen kritisierten die Gewerkschaften das Senats-Angebot als einen Rückschritt. Verdi-Verhandlungsführer Roland Tremper sagte, der Senat bleibe weit hinter seinen Positionen vom Januar zurück. Bemängelt wurde vor allem, dass der Senat auch nach 2006 nicht mehr in das bundesweite Tarifgefüge zurückkehren wolle, was er noch im Januar zugesichert hatte. Der GdP-Vorsitzende Eberhard Schönberg sagte: „Das ist eine Provokation.“ Die Tarifkommission der Arbeitnehmervertreter will in der nächsten Woche darüber beraten, ob weitere Verhandlungen noch sinnvoll sind oder ob man Streikmaßnahmen erwägt.

Vor dem Arbeitsgericht spielte gestern lediglich der Tarifvertrag für die Arbeiter eine Rolle. Die Gewerkschaft Verdi hatte nur gegen den sofortigen Austritt des Landes Berlin aus dem Kommunalen Arbeitgeberverband geklagt, der für die Belange der Arbeiter zuständig ist. Für die knapp 65 000 Angestellten hat das Urteil keine Bedeutung, da für sie der neue bundesweite Tarifvertrag ohnehin keine Wirkung mehr gehabt hätte. Der Senat hatte sich seinerzeit zum sofortigen Verlassen der Verbände entschlossen, da eine Tarifeinigung in den nächsten Tagen in Sicht war. Diese hätte er noch mittragen müssen, obwohl er die Mitgliedschaft in den Organisationen bereits mit Dreimonatsfrist zum Ende des Monats gekündigt hatte.

In seiner Urteilsbegründung führte der Vorsitzende Richter Martin Wenning-Morgenthaler an, das Land habe keine wichtigen Gründe für den sofortigen Austritt dargelegt. Ein wichtiger Grund beispielsweise wäre nach seiner Auffassung gewesen, wenn durch die Einsparungen aufgrund des Verbandsaustritts der Haushalt des Landes konsolidiert werden könne. Schon in der Erörterung hatte er gesagt: „Wenn ich mir die Mietgeschichte dieses Gebäudes (des Arbeitsgerichtes) angucke, kann es dem Land nicht so schlecht gehen, dass es nicht auch die Tarifsteigerungen für die Arbeiter zahlen kann.“

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