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Berlin: Senat vertagt Tempodrom-Verkauf

Liquidrom-Betreiber Böhm hat gute Chancen

Der Senat lässt sich Zeit mit dem Verkauf des finanziell Not leidenden Tempodrom. „Es gibt noch keine beratungsfähige Vorlage“, sagte Senatssprecher Michael Donnermeyer am Dienstag. Zwar hat der Chef des Stiftungsrats des Tempodroms, Torsten GriessNega, Berlins Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) einen Bericht über die Verkaufsbemühungen vorgelegt. Aber es gibt, so hieß es gestern, noch Abstimmungsbedarf mit den Koalitionsfraktionen SPD und PDS. Frühestens in zwei Wochen wird sich der Senat wieder mit dem Thema befassen. „Wir brauchen noch Zeit“, sagte Donnermeyer.

Mit drei Interessenten wurde zuletzt verhandelt: Dieter Böhm (Betreiber des Liquidroms), Peter Schwenkow (alteingesessener Berliner Kulturveranstalter) und Anthony Roland (britischer Medienhistoriker). Das beste Angebot ist dem Vernehmen nach fünf Millionen Euro wert. Nach Angaben aus Koalitionskreisen hat Böhm, der seine Therme mit Musikbegleitung im Gebäude des Neuen Tempodroms am Anhalter Bahnhof betreibt, die besten Chancen, den Zuschlag zu erhalten. Der Nachteil Schwenkows ist, dass er das Grundstück mitkaufen will. Rot-Rot besteht aber darauf, dass die Immobilie im Eigentum des Bezirks Friedrichhain-Kreuzberg bleibt.

Ein Problem ist offenbar auch, dass die Interessenten noch nicht ausreichend belegt haben, wie sie den Kauf seriös finanzieren wollen. Einen erneuten Reinfall will sich der Senat nicht leisten. Entsprechend zugeknöpft waren gestern die politisch Verantwortlichen. Mehrfach versichert wurde nur: Der Verkauf des Tempodrom sei Ziel und werde mit Nachdruck vorangetrieben. Die Insolvenz des Kulturunternehmens ist wohl keine ernsthafte Alternative mehr.

Vorbereitet wurde die Privatisierung mit Hilfe der Unternehmensberatung Steinbacher Treuhand. Den Kaufpreis wird die Tempodrom-Stiftung sogleich an etliche Gläubiger, zum Beispiel für unbezahlte Handwerkerrechnungen, weiterreichen müssen. Außerdem muss ein Kredit der Landesbank Berlin (LBB) in Höhe von 12,8 Millionen Euro aus dem Jahr 2000 bedient werden, für den das Land zu knapp 80 Prozent bürgt. Für den Rest will Finanzsenator Sarrazin möglichst nicht in Anspruch genommen werden.

Dafür haben die Tempodrom-Gründerin Irene Moessinger und ihr Partner Norbert Waehl gebürgt. Sie werden möglicherweise einen Offenbarungseid leisten müssen, bevor dieser Teil der Bürgschaft der LBB oder doch dem Land auf die Füße fällt. Eine fehlerhafte, viel zu niedrige Kostenkalkulation für das Betonzelt war der Hauptgrund für die Finanzprobleme des Tempodrom, die jetzt zum Verkauf des Kulturbaus führten. Und zur Einrichtung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses, der sich am 1. März konstituiert. za

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